Serie: Recht aktuell
Mobilfunk-Sendeanlagen - bei Einhaltung der Grenzwerte kein Mangel

Halten auf einem Wohnhaus errichtete Mobilfunk-Sendeanlagen die derzeitigen Grenzwerte ein, stellt dies keinen Mangel der benachbarten Mietwohnung dar.
Seit Umweltgefahren verstärkt in den Blick der Öffentlichkeit gelangten, erregen die mutmaßlichen Umwelteinflüsse von Gegenständen, mit denen der Ver-mieter die Mietwohnung ausgestattet hat, die Gemüter. Waren es vor Jahren asbesthaltige Nachtspeicheröfen und formaldehydhaltige Baustoffe, sind jetzt Mobilfunk-Sendeanlagen Streitthema zwischen Vermietern und Mietern.

Zu der Errichtung von Mobilfunk-Sendeanlagen haben sich in kürzlich veröffentlichten Entscheidungen zwei Berliner Amtsgerichte sowie das Landgericht Berlin als Berufungsinstanz geäußert. In beiden Fällen ging es um ähnliche Sachverhalte: Der Vermieter hatte jeweils dem Betreiber einer Sendeanlage gestattet, diese auf dem Dach seines Hauses zu errichten. Hiervon fühlten sich zwei Mieter beeinträchtigt. In einem Fall wohnte der Mieter direkt unter dem (Flach-)Dach, in dem anderen Fall lag die Sendeanlage auf dem Dach des Hinterhauses, während der Mieter 10 bis 15 Meter entfernt im Vorderhaus wohnte. Beide Mieter verklagten den Vermieter darauf, das Eindringen elektromagnetischer Strahlung zu verhindern und machten eine Mietminderung geltend.

Beiden Begehren gab das Landgericht - wie schon die Amtsgerichte - nicht statt. Dazu führten die Gerichte im wesentlichen aus: Zwar könnten auch außerhalb der Mietwohnung liegende Gefahrenquellen einen Mangel der Mietsache darstellen und es stehe auch fest, dass hochfrequente Sendeanlagen gesundheitsschädlich sein könnten.

In den konkreten Fällen hätten die Mieter aber nicht hinreichend deutlich gemacht, dass eine Gesundheitsgefährdung drohe. Die Vermieter hätten vorgetragen, dass die Anlagen die in der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung (26. BlmSchVO) vorgeschriebenen Grenzwerte einhielten und auch sonst in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation errichtet worden seien. Unter diesen Umständen wäre es Sache des Mieters gewesen, detailliert darzulegen, warum der Be-trieb der Sendeanlage gesundheitsgefährdend sei. Im Zivilprozess ist es nämlich grundsätzlich Sache der Parteien des Rechtsstreites, die Tatsachen, die für sie günstig sind, konkret vorzutragen. Die Gerichte erwarten daher, dass die Partei gegebenenfalls ein Gutachten vorlegt, das aufgrund wissenschaftlicher Annahmen eine Gesundheitsgefährdung feststellt. Gelingt der Partei schon dies nicht, wird das Gericht keinen Beweis zu der strittigen Frage erheben und etwa ein gerichtliches Gut-achten einholen.

Solange ein Vermieter also vortragen kann, dass die Sendeanlage den behördlichen Vorgaben entsprechend arbeitet und insbesondere die Grenzwerte der 26. BlmSchVO einhält, wird dies erfordern, dass der Mieter ein wissenschaftliches Gutachten vorlegt, in dem festgestellt wird, dass die Grenzwerte der 26. BlmSchVO unzutreffend hoch angesetzt sind und sich daher auch bei deren Unterschreiten eine Gesundheitsgefährdung ergibt.

Dies sind nach dem bisherigen Stand der wissenschaftlichen Diskussion hohe Anforderungen. Denn das LG Berlin erkennt durchaus, dass die Frage der Belastungen durch Mobilfunk-Sendeanlagen wissenschaftlich umstritten ist. Die Mehrheit der Wissenschaftler hält allerdings die Grenzwerte der 26. BlmSchVO für ausreichend.

Die Berliner Gerichte stehen mit ihrer Auffassung nicht alleine: Das AG München hat zwar entschieden, Mobilfunk-Sendeanlagen rechtfertigten eine Mietminderung, weil schon die begründete Befürchtung einer Gesundheitsgefährdung einen Mangel der Mietsache darstelle. Andere Gerichte aber haben geurteilt, dass sich aus der Einhaltung der Grenzwerte grundsächlich die Unbedenklichkeit von Sendeanlagen ergebe.

So hatten mehrere Verwaltungsgerichte keine Bedenken gegen die baurechtliche Genehmigung einer Mobilfunk-Sendeanlage. Soweit das OLG Hamm einem Wohnungseigentümer gegen seine Miteigentümer, die eine Sendeanlage errichten wollten, Recht gab, hat dies seine Ursache in den Bestimmungen des Wohnungseigentumsrechts und ist daher nicht auf mietrechtliche Streitigkeiten übertragbar.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Rechtslage durch die Gerichte noch nicht abschließend geklärt ist. Der Trend scheint jedoch dahin zu gehen, Mobilfunk-Sendeanlagen als unbedenklich anzusehen, solange sich keine durchgreifend neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse ergeben.

(AG Schöneberg, Urteil vom 29. Mai 2001 - 4 C 124/01; LG Berlin Urteil vom 23. Juli 2002 -63 S 366/01, beide veröffentlicht in GE 2003, Seite 53; LG Berlin, Urteil vom 29. Oktober 2002 - 63 S 24/02, veröffentlicht in NZM 2003, Seite 60).
Malte Hohn

(Dr. Malte Hohn ist Rechtsanwalt in der Kanzlei v. Randow, Hohn, Seidl in Berlin-Friedenau)

Weitere Informationen im Internet:
www.breloehr.de
www.www.elektrosmognews.de

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