Vom Nollendorfplatz bis zum Kleistpark
Ein Stadtspaziergang mit Otto Edel

Nach einer freundlichen Begrüßung und den ersten einleitenden Worten am U-Bahnhof Nollendorfplatz marschiert eine unscheinbare Gruppe zum Haus Maaßenstraße 1. Am Eingang weist eine Tafel auf das Geburtshaus von Wilhelm Fürtwängler (geb. 25.1.1886) hin. Während des Nationalsozialismus blieb Fürtwängler in Berlin, er hielt sich für einen unpolitischen Menschen. Erst nach der Aufhebung seines Berufsverbotes durch die Amerikaner konnte der Komponist und spätere Chefdirigent der Berliner Philharmoniker wieder künstlerisch tätig werden.

Weiter geht es in die Nollendorfstraße. Hier tobte um die Jahrhundertwende ein wildes Nachtleben. Es amüsierten sich die Ganovenprominenz und bekannte Gesichter aus dem kulturellen Bereich. Verschiedene Ringvereine, deren Mitglieder sich aus Straffälligen rekrutierten, kontrollierten genau abgezirkelte Straßenzüge. Mit illusteren Namen wie „Glaube, Liebe, Hoffnung“ behielten sie die Clubs, die Prostitution und den Rauschgiftmarkt im Auge. Heute ist die Nollendorfstraße eine ruhige Wohnstraße mit sanierten Altbauten. Erst vor zwei Jahren wurde die Gegend aus dem Sanierungsgebiet entlassen.

Unsere nächste Station ist die Winterfeldtstraße. Unübersehbar steht hier das Fernmeldeamt. Als die Sowjets nach dem Zweiten Weltkrieg die ersten Radioprogramme aus der Masurenallee senden, wollen die Amerikaner nicht hinten anstehen. Der Rias beginnt seinen Sendebetrieb im Februar 1946. In Ermangelung eines Sendemastes geht das Programm zu-nächst als „Drahtfunk“ zu den Zuhörern. Mit speziellen Antennen kann der Rias über die Telefonleitungen empfangen werden.
Nach einem Spaziergang am bunten Winterfeldtmarkt und dem Hans Wurst Puppentheater vorbei stehen wir vor dem Bunker in der Pallasstraße 28 / 30. Russische Zwangsarbeiter mussten den Betonklotz ab 1940 für das Fernmeldeamt errichten. An sie erinnern heute kleine Plexiglastafeln in russischer und deutscher Sprache. Nach einem Sprengversuch in der Nachkriegszeit wurde der Bunker in den 80er Jahren für den Zivilschutz wieder hergerichtet. Nun geht es eine kleine Treppe in die erste Etage des Pallasseums hinauf. Auf dem Gelände des ehemaligen Sportpalastes wurde 1974 der Grundstein für 1500 Wohnungen gelegt. Strukturelle und soziale Probleme haben der Anlage den traurigen Namen „Sozialpalast“ gegeben.

Auf der Potsdamer Straße Richtung Süden stehen zwei architektonische Gegensätze nebeneinander. Ist die Nr. 182 eine der wenigen Neubauten durch die Nationalsozialisten an den Architekten Speer angelehnt, sieht man im nebenstehenden Kathreinerhaus deutliche Bauhauselemente. Unser Stadtspaziergang endet im Kleistpark, der vor 300 Jahren ursprünglich als botanischer Garten angelegt wurde. Hier fallen besonders die denkmalgeschützten und sanierungsbedürftigen Königskolonnaden ins Auge.

Dieser Stadtspaziergang war nur einer von dreien, die Otto Edel durch Schöneberg führt. Wer sie verpasst hat, muss sich nur kurze Zeit gedulden, sie werden im Herbst wiederholt und rechtzeitig von der Stadtteilzeitung angekündigt. Mehr finden Sie im Internet unter www.berlin-spuren.de.

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