Von gefährdeten Tierarten und kleinen gefräßigen Mottenkastanientiere2.jpg (7943 Byte)
Zu Hause auf dem Frühstücksbrettchen stehen sie, die gefährdeten Tierarten, als da seien:

Die braunhäutige Kastaniengiraffe, der majestetische Kastanienhirsch mit dem Tomatenstrauchgeweih und nicht zuletzt der sehr seltene Kastanienhase, zu erkennen an den roten Hagebuttenohren.

Sollten Sie wirklich vom Aussterben bedroht sein, weil eine winzig kleine Motte es schafft, ganze Straßenzüge von Kastanienbäumen zu entlauben? Diese Motte heißt Miniermotte, weil sie Minen in die Kastanienblätter frisst, in denen sich dann ihre Nachkommen vermehren. Minnimotte wäre eigentlich ein passenderer Name, wie mir neulich ein Insektenexperte im Vorschulalter erklärte, denn diese Motte ist wirklich sehr klein, ganze 5 mm. Einen schicken lateinischen Namen hat sie natürlich auch: Cameraria ohridella, denn sie wurde 1984 am Ohridsee in Mazedonien entdeckt. Ihr eigentliches Ursprungsland liegt aber im Dunkeln. Ein echter Globetrotter also, gefräßig dazu und: Mottchen vermehrt sich rasend schnell. Bis zu drei Generationen schickt sie pro Jahr ins Rennen. Auch wenn die letzte Generation im Laub gesammelt und vernichtet wird, warten Oma und Opa Motte in der Überwinterung, um im nächsten Frühjahr munter den Fortbestand der Art zu sichern.

Fast sieht es so aus, als ob wir hilflos dem Absterben der Kastanienbäume zusehen müssten. Auch dieses Jahr fingen schon Mitte September die Kastanien an, braun zu werden. Wenig später waren die ersten entlaubt, zumeist die kleineren Bäume, die in diesem heißen Sommer noch zusätzlich unter Wassermangel leiden mussten.

Katastrophal wäre das für Berlin. In unserer Stadt stehen 48.000 weißblühende Rosskastanien, sie zu ersetzen würde 325 Millionen Euro kosten, ganz abgesehen vom ästhetischen Schaden, den so ein kahler Baum verursacht. Da in Berlin gern straßenzugsweise Bäume einer Art gepflanzt werden, wäre so manche Straße plötzlich ganz ohne Baumbestand.

Wissenschaftler aus acht Ländern suchen derzeit im Forschungsprojekt ControCam Wege der Bekämpfung. Doch weder Lockfallen, Leimringe oder gar Pflanzenschutzmittel haben durchschlagenden Erfolg. Es gibt auch keine nennenswerten natürlichen Feinde, die Kohl- und Blaumeisen haben inzwischen zwar gelernt, die Puppen der Motte aus den Minen zu picken, aber Herr der Lage sind sie lange nicht. Dann gibt es noch Erz- und Schlupfwespen, die gemeinerweise ihre Nachkommen in die Puppen anderer Insekten setzen, doch so richtig schmackhaft scheint die Miniermottenlarve nicht zu sein.

Bis heute hilft tatsächlich nur eins: Laub sammeln. Wenn das Laub wirklich unter den Büschen und aus den Ecken herausgekehrt wird, hat die Kastanie im nächsten Frühjahr einen deutlich besseren Start.

Helfen Sie mit. Retten Sie die schönen Kastanienbäume. Und nebenbei die oben erwähnten gefährdeten Kastanientiere. Am 25. September gab es die erste Laubsammelaktion für freiwillige Helfer in Schöneberg am Kleistpark. Weitere Aktionen sollen folgen. Die Termine und weiterführende Informationen zum Thema Miniermotte finden sie auf folgender Website:
www.stadtentwicklung.berlin.de/
pflanzenschutz/kastanienminier
motte oder telefonisch bis zum 10. Oktober unter 9025-1314.

Einen detaillierten Überblick im Internet gibt ein Seminar der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA): www.bba.de/mitteil/presse/prot_cameraria.pdf

Die Bundesanstalt versendet auch ein Faltblatt per Post: BBA, Messeweg 11/12, 38104 Braunschweig.

© Doris Kollmann,
Stadtteilzeitung Schöneberg


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