Die Malerin Li Shalima und die Weisheit des Labyrinths
Manchmal geht es uns so, wie dem Helden Theseus in der
griechischen Sage, der auszog ein furchtbares Ungeheuer zu töten, das in den Tiefen eines
Labyrinths hauste und Schrecken und Angst verbreitete. Wir irren durch unseren Alltag,
ständig in Angst davor, dass uns etwas Schreckliches zustoßen könnte, erkennen kein
Muster und keinen Sinn in diesem Hin und Her des Lebens und haben noch nicht mal den roten
Faden, den Theseus von Ariadne erhielt, um aus dem Labyrinth herauszufinden.
"Falsch", sagt die Künstlerin Li Shalima, die seit Jahren zum Thema
"Labyrinth" arbeitet und philosophiert. "Wir verwechseln in der
Alltagssprache Labyrinth und Irrgarten. In einem Labyrinth kann man sich nicht verirren,
man kommt unweigerlich in das Zentrum und genauso einfach wieder hinaus, man muss nur den
Mut aufbringen, auf den scheinbar verschlungenen Wegen immer weiterzugehen." Und um
bei dem Bild des Theseus zu bleiben: Das schreckliche Ungeheuer, das uns in der Mitte des
Labyrinths erwartet, ist nichts weiter als das eigene Selbst. Auch der Psychoanalytiker
C.G. Jung sah im Mandala, dass dem Labyrinth als Symbol entspricht, eine Metapher für die
Selbstwerdung. Es ist ein uraltes, archetypisches Symbol, das die verschlungenen Pfade
unseres Lebens genauso widerspiegelt, wie die komplizierten Windungen des Gehirns. Für Li
Shalima ist das Labyrinth ein heilendes und starkes Symbol "für den Frieden, für
den inneren genauso wie den im Außen, der entsteht, wenn wir bereit sind, das Leben mit
all seinen Wendungen so anzunehmen, wie es ist." Als sie vor sieben Jahren zum ersten
Mal auf dieses Symbol stieß, war sie sofort fasziniert von der Schönheit aber auch
tiefen Weisheit, die sich hinter den scheinbar einfachen Linien verbirgt.
Li Shalima, 1959 in Charlottenburg geboren, wuchs im Frie-denauer Bezirk am Südwestkorso
auf. Noch heute fühlt sie sich diesem Kiez verbunden und lebt und arbeitet nur ein paar
Straßen weiter in der Blissestraße. Seit vielen Jahren unterrichtet sie Malerei und
fördert ihre Schüler in der Entwick-lung der eigenen Kreativität. In ihren Bildern
benutzt sie die Form des Labyrinths, um dem Geheimnis der Farbwirkung nachzuspüren. In
der Technik orientiert sie sich an der Schichtenmalerei der alten Meister. Schicht um
Schicht wird die Farbe aufgetragen, so dass eine ganz eigene Leuchtkraft entsteht.
"Mein Ziel ist, dass meine Bilder im Schatten leuchten.", sagt Li Shalima. Dazu
bedarf es einer unendlichen Geduld. Diese Ruhe und meditative Ausstrahlung besitzen
eigentlich alle ihre Werke, auch die in letzter Zeit entstandenen Landschaftsbilder.
Wer sich für die Arbeiten der Künstlerin oder auch für das Thema Labyrinth
interessiert, sei auf die Einzelausstellung der Künstlerin und folgende Termine
hingewiesen:
Ausstellungseröffnung:
Samstag, 11. Okt. 2003, 18:00h (mit Vortrag zum Thema)
Finissage:
Sonntag, 2. Nov. 2003, 11:00h
(mit Frühstück für Groß und Klein)
Ort: Galerie del Vento,
Waldemarstr. 33,
10999 Berlin-Kreuzberg
Dass ein Labyrinth nicht nur zur Kontemplation einlädt, sondern ganz real auch begangen
werden kann, vermittelt uns die Künstlerin am
Tag des Labyrinths:
Samstag 25. Oktober 2003 (Diavortrag, Maltisch,
großes begehbares Labyrinth)
Workshop:
Labyrinthe selbst anlegen:
Dienstag, 18. November 2003
Ort: Haus der Kirche, Gothestraße 26-30, Berlin-Charlottenburg
Wie wunderschön die Anlage eines begehbaren Labyrinths auf den Betrachter wirkt,
vermittelt der Bildband: Jürgen Hohmuth: "Labyrinthe und Irrgärten", Fredering
und Thaler, München 2003. Das Maislabyrinth, dass Li Shalima vor 2 Jahren auf über 5000
qm in Schöbendorf anlegte, ist auf Seite 125 zu sehen.
Im Internet findet sich unter www.mymaze.de ein großer Überblick zum Thema.
© Doris Kollmann,
Stadtteilzeitung Schöneberg
zurück zum Inhaltsverzeichnis
|