Vision Südkreuz
Vision Südkreuz
Schöneberger Linse

Stellen Sie sich doch mal die Frage, wo für Sie Schöneberg aufgehört und Tempelhof anfängt. Genau, man fährt über den Sachsendamm, um die Autobahn zu erreichen oder neuerdings zu IKEA (auf Schöneberger Gebiet liegend, aber als "IKEA Tempelhof" vermarktet), hätte aber keine Lust, hier zu flanieren. Das gesamte Gebiet zwischen Wannseebahn und General-Pape-Straße wird nicht als urbaner Raum erlebt, den man gerne aufsucht.

Mitten in diesem Gebiet wird nun der Bahnhof Papestraße zum Fern-, Regional- und S-Bahnhof ausgebaut (wir berichteten). Damit entsteht ein neues Unterzentrum in Berlin mit überregionaler Ausstrahlung: 3,5 km vom Potsdamer Platz und 1 km vom Flughafen Tempelhof entfernt, auf halbem Weg zwischen Tegel und Schönefeld.

Das Projekt "Planungsmanagement am Südkreuz", gefördert im Rahmen von "Interreg III B" der Europäischen Gemeinschaft, soll eine geordnete städtebauliche Entwicklung rings um den Sachsendamm ermöglichen. Das Amt für Planen, Genehmigen und Denkmalschutz des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg ist federführend bei diesem Projekt. Darüber hinaus sind Planer und Gutachter beauftragt, die Zielsetzungen in konkrete Planungen umzusetzen. Das gesamte Gebiet ist intern in Unterbereiche gegliedert worden, über die wir in loser Folge berichten werden. Einige sollen hier vorab genannt werden:

Unmittelbar westlich des neuen Bahnhofs liegt die "Schöneberger Linse", die – eingeschlossen zwischen Ringbahn und Sachsendamm – ihren Namen der Form ihrer Grundfläche verdankt. Sie soll zu einem hochwertigen, gemischt genutzten Bereich mit städtischen Strukturen und einem Nutzungsschwerpunkt Dienstleistungen entwickelt werden. Für das erste Baufeld am Bahnhof gibt es bereits einen Investor.

Die bestehenden Gewerbestandorte an der Naumannstraße sollen - aus dem Bestand heraus - zu einem qualifizierten Gewerbegebiet entwickelt werden. Auf dem ehemaligen Kasernengelände an der General-Pape-Straße soll der Schwerpunkt der Entwicklung auf publikums- und kommunikationsintensive private Dienstleistungen gerichtet sein. Das Sportgelände am Sachsendamm ist für manche Investoren interessant. Das Grundstück, auf dem sich die Radrennbahn befindet, wird zur Zeit vom Liegenschaftsfond, nicht zur Freude der Bezirksverwaltung, vermarktet.

 

Am weitesten gediehen ist jedoch die Planung für das GASAG-Gelände. Hier an der Torgauer Straße ist einer der ältesten Industriestandorte in Schöneberg. Die englische Firma "Imperial Continental Gas Association" hatte schon 1825 das erste Gaswerk in Berlin gebaut und 1853 in Schöneberg die öffentliche Gasbeleuchtung installiert. Die großen Gasbehälter – einst standen vier Stück davon auf dem Gelände – wurden 1910 errichtet. Einer davon ist geblieben und prägt bis heute – weithin sichtbar – die Stadtsilhouette Schönebergs.

Nun soll der alte Gasometer in seinem Inneren eine "Event"-Halle aufnehmen. Die Projektentwicklungsgesellschaft ergo columbia arbeitet seit über zwei Jahren intensiv an diesem Vorhaben und hat schon fast den Bauantrag vorbereitet. Die Berücksichtigung denkmalschutzrechtlicher, aber auch umweltschutzrechtlicher Belange (Lärm, Altlasten) standen bei diesem Planungsprozess im Vordergrund. So orientiert sich die Höhe der Halle an der des alten Sockels, also ca. 14 m. Die über das Gelände hinaus sichtbaren Teile des Gasometers bleiben in der gewohnten Transparenz erhalten. Der Durchmesser beträgt ca. 63 m, genug Platz also auch für größere Veranstaltungen. Die genaue Anzahl der Plätze wird sich durch das Sicherheitskonzept ergeben.

Das übrige Gelände wird in drei Abschnitte geteilt: Gleich am Beginn der Torgauer Straße, vom Sachsendamm aus gesehen, behält die BEGA.tec GmbH, die seit 2001 bestehende Tochtergesellschaft der GASAG für die Errichtung, Erhaltung, Wartung sowie Instandsetzung energietechnischer Anlagen, ihren Standort. Im mittleren Bereich, dort wo die Verwaltungsgebäude der GASAG stehen, beabsichtigt die DEKRA ein Schulungszentrum einzurichten. Trotzdem soll noch Platz bleiben, in den alten denkmalgeschützten Gebäuden kleine gastronomische Einrichtungen unterzubringen.

Das letzte Stück (die "Nordspitze") wird dem Cherusker-Park zugeschlagen. Das vorgesehene Freizeitangebot soll über das einer gewöhnlichen Parknutzung hinausgehen: Beachvolleyballplätze oder eine Eisbahn sollen ein besonderer Anziehungspunkt werden. Der Park ist ein Bestandteil eines überregionalen Konzeptes, das sämtliche Grünanlagen in Schöneberg durch Wege verbindet. Wichtig hierfür ist die Schließung der Torgauer Straße. Zusätzlich sind Fußgängerbrücken über die S-Bahntrassen angedacht.

Da die Landeskassen leer sind, wird auf das finanzielle Engagement von Investoren gesetzt. Wir werden sehen, ob in Zeiten geringerer Gewinnerwartungen diese Rechnung aufgeht.

 

Marina Naujoks

April 2004  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis