Ab August 2005 wird die Verantwortung
und Finanzierung der Nachmittagsbetreuung von Schulkindern der 1. bis 4. Klasse vom Senat
den Schulen übertragen.
Friedenau nimmt hierbei eine Sonderstellung
ein, denn es gibt keinen staatlichen Hort in der Nähe der hiesigen Grundschulen. Es blieb
bisher den Eltern überlassen, für die Nachmittagsbetreuung ihrer Kinder unter
verschiedenen freien oder kirchlichen Trägern zu wählen und einen entsprechenden Antrag
beim Bezirksamt zu stellen.
Künftig soll nach Willen des Senats in ganz Berlin eine Ganztagsbetreuung ermöglicht
werden. Im Norden Schönebergs werden etwa Spreewald- und Werbellin-Grundschule zu
sogenannten gebundenen Grundschulen, deren Besuch von 8 bis 16 Uhr täglich Pflicht ist.
Diese Betreuungsform ist für die Eltern kostenfrei. In Friedenau gibt es bislang nur
"verlässliche Halbtagsschulen" mit einer Kernzeit von 7.30 bis 13.30 Uhr. Diese
sollen künftig eine "offene" Ganztagsbetreuung ermöglichen. Eltern zahlen
entsprechend der benötigten Nachmittagsbetreuung Beiträge, die von August an von der
Schule verwaltet werden sollen. Um diese Betreuung zu gewährleisten, streben hier die
Grundschulen Kooperationsverträge mit den bisherigen Freien Trägern von Horten und
Schülerläden an. Anders geht es nicht, denn es stehen keine gesonderten Räumlichkeiten
für die Kinder zur Verfügung, falls sie nicht täglich acht Stunden in immer demselben
Klassenzimmer verbringen sollen.
Die Stechlinsee-Grundschule etwa steht laut Herrn Serke in Verhandlungen mit drei
Trägern, darunter die evangelische Kindertagesstätte "Paul und Anna". Die
Uckermark-Schule will sich laut Frau Lehnert voraussichtlich mit dem Nachbarschaftsheim
Schöneberg zusammentun, das bereits den Schülerladen "Hase und Igel" in
nächster Nähe betreibt. Frau Haesen von der Fläming-Grundschule sieht diese künftig
ebenfalls als Ganztagsschule in offener Form und nennt als Verhandlungspartner unter
anderen das Kinderhaus Friedenau. Allen Schulen gemeinsam ist das Problem, noch keine
Verträge mit den entsprechenden Institutionen abschließen zu können, da nur schleppend
Rahmenbedingungen vom Senat vorgegeben werden.
Auch wie die Versorgung mit Mittagessen bewerkstelligt werden soll, muss im Einzelnen noch
geklärt werden. Da die Kinder erst gegen 13.30 Uhr zum Hort wechseln sollen, wird wohl
vor 14 Uhr nichts daraus werden. Also: Nach der Schule in eine schulische Kurzbetreuung,
vielleicht noch in eine AG, und danach in den Hort? Die Verlagerung eines Teils der
Betreuungszeit in die Schule hält der Senat für ausreichend, die Gelder für die
Nachmittagsbetreuung in Schülerläden und Horten um 30 % zu kürzen. Zusammen mit der
Verdoppelung der Kita- und Hortbeiträge im Jahre 2002 müsste dadurch eine enorme Summe
zur Förderung der Vor- und Grundschulbildung zusammen kommen. Oder? Tatsächlich wurde
unter dem Strich Minus gemacht, gleich in doppelter Hinsicht, da viele Eltern die Hort-
oder Kitaplätze gekündigt haben, um ihr Kind selbst zu betreuen, wofür sie auch noch
ihre Arbeitsstelle kündigten: also auch noch Steuereinbußen für die Stadt. War das
sinnvoll?
Einschneidende Vorhaben also, die in einem Dreivierteljahr in Kraft treten sollen, obwohl
noch immer keine definitiven Durchführungsrichtlinien seitens des Senats vorliegen. Gegen
diese überstürzten Maßnahmen in der Nachfolge der PISA-Studie, die in ihrer
Unüberlegtheit den Schülern und ihren Eltern eher zu schaden als zu dienen drohen, regt
sich inzwischen Widerstand. Die Zeit wird knapp.
Weiteres unter:
www.schuelerlaeden.de;
www.elterninfo.de
Sanna v. Zedlitz
Dezember 2004 Stadtteilzeitung
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