"Das Mädchen mit dem Perlenohrring" (Großbritannien/Luxemburg, 2003) | ||||
Gesehen im "Cinema am
Walther-Schreiber-Platz":
Griet ist bei aller Zurückhaltung auch ein starker Mensch, die weiß, was sie wert ist. Als sie den berühmten Maler kennenlernt, ist sie zwar verschreckt, aber auch neugierig, und er ist eingenommen von ihrem Interesse an seinem Metier und von ihrem züchtigen Liebreiz. Lange ist das erotische Spiel mit Tüchern und Hauben, mit herabhängenden oder zurückgelegten Bändern, mit dem Verbergen von Hals und Haaren, nicht mehr so sinnlich in Szene gesetzt worden (dessen Reiz sich auch die neuerdings wieder mit Kopftüchern spielende Generation junger Musliminnen wohl bewußt ist.) Als Tochter eines Künstlers hat Griet nicht nur sein Talent, den Blick für richtige Farben und Formen, geerbt, sie hat auch gelernt, seine Mitarbeiterin zu werden - ein Weg, den wir von vielen ehrgeizigen Vater-Töchtern kennen, die eben 'leider' keine Söhne sind; und nicht erst Arno Schmidt hat die Vorzüge der dem Mann zuarbeitenden Frau gepriesen... Und so entwickelt sich zwischen den beiden, dem Maler und der jungen Magd, ein unausgesprochenes, immer dichter werdendes, atemberaubendes Verhältnis, dessen Intensität um so mehr steigt, als es fast ausschließlich aus Blicken, Gesten, kurzen Anweisungen besteht (hervorragend: Scarlett Johansson, Colin Firth). Der innerlich brennende Mann hält sich zurück, und sie flüchtet sich in die Arme ihres Freundes, eines jungen Fleischerburschen, vielleicht, um sich aus der unmöglichen Situation zu retten, vielleicht auch, um nicht mehr die "ungepflückte Frucht" zu sein, als die der Gönner Vermeers, ein alter "Lebemann", sie begehrt und bedrängt. (Auch hier wieder ein sinnliches Versteckspiel zwischen im Hof hängenden Bettüchern!) Letztendlich muß Griet das Haus verlassen - die Ehefrau des Malers wirft sie hinaus, weil sie die Faszination ihres Mannes für das Mädchen nicht mehr erträgt; in der Rolle der Ehefrau, die seine Kinder zur Welt bringt, kann sie nicht konkurrieren mit der intellektuellen, gleichzeitig aber auch begehrten Gefährtin. Das alles spielt sich im Interieur der alten holländischen Bilder ab: dunkle Räume und
Butzenscheibenfenster, schwere Möbel und Vorhänge, kleine Höfe, Katzen und Hunde; viele
Zitate: die Frau am Fenster, die Gesellschaft am Tisch - und die Frau mit dem
Perlenohrring (dem Ohrring der Ehefrau!), als die der Maler sie im Auftrag seines Gönners
malt, der nun das Bild im stillen Kämmerlein anschmachtet. - Ein wundervoller Film:
hingehen, ansehen! Dezember 2004 Stadtteilzeitung < Inhaltsverzeichnis |
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