Nach Familienpause: Frauen zurück ins Berufsleben
Teil 1: So war es vor Hartz und Gerster:

Dagmar (44, verh., 2Kinder) ist von Haus aus Luftverkehrskauffrau und hat bis zur Geburt ihrer zweiten Tochter auch in diesem Beruf bei Reisebüros und Luftverkehrsgesellschaften gearbeitet. Sie wollte dann nicht mehr in dem für die Branche üblichen Schichtdienst, egal in welcher Position arbeiten, und suchte eine Alternative.
In den 20 Jahren ihrer vorherigen Berufstätigkeit musste sie nie eine einzige Bewerbung schreiben, die wenigen Wechsel erfolgten immer durch Mundpropaganda. Sie wusste also nicht, wie man das heute so macht.
Auf eine private Empfehlung hin besuchte sie im Frühjahr 2001 den Berufsorientierungskurs für Frauen im Nachbarschaftsheim Schöneberg.
"Der Kurs half mir umzudenken. Ich habe gelernt, meine durch den Beruf erlernten Fähigkeiten anders einzusetzen, aber auch bisher unterbewertete Fähigkeiten zu entdecken und zu nutzen. Ich helfe zum Beispiel jetzt auch Freunden meiner Tochter in Fremdsprachen - das scheint denen sogar Spaß zu bringen." berichtete mir Dagmar.

In dem Kursus lernten die Teilnehmerinnen unter Anleitung der Kursleiterinnen Frau Marianne Konermann und Christiane Pods ihre persönlichen Möglichkeiten zur Rückkehr ins Berufsleben zu entdecken.
Sie erhielten Informationen, wie und wo sie die benötigte Weiterbildung abfordern bzw. finden können. Für jede Frau wurde mit Hilfe der anderen Teilnehmerinnen und der Kursleiterinnen ein Profil erstellt.

"Sehr effektiv waren für mich das Bewerbungstraining und das Rhetorikseminar.
Durch das Bewerbungstraining habe ich meine Vorstellungen - ähnlich wie bei einer Generalprobe- dann schon einmal geäußert.

Das Rhetorikseminar half bei Ausdruck und Formulierung. Ich kann mich heute viel besser präsentieren. Dadurch wirke ich kompetenter und fühle mich noch sicherer."
Der Kursus dauerte drei Monate. An zwei Vormittagen in der Woche haben alle Teilnehmerinnen unter der Moderation von Frau Konermann und Frau Prods eine ausführliche Bestandsaufnahme ihrer Lebenssituation, ihrer Ziele und Wünsche, Interessen und Neigungen sowie Fähigkeiten und Qualifikationen gemacht und für sich eine tragfähige, integrierte Berufs- und Lebensplanung entwickelt. Das Bewerbungstraining und das Rhetorikseminare fanden an zwei Wochenenden statt.
Danach wusste Dagmar, das Sie ihre Computerkenntnisse unbedingt mit Weiterbildungsmaßnahmen auf den aktuellsten Stand bringen wollte, was sie dann zielstrebig - und mit Hilfe von Marianne Konermann - in die Tat umgesetzte. "Marianne und Christiane wissen exakt über Fortbildungsmaßnahmen Bescheid, das bietet kein Arbeitsamt," ist Dagmars Erfahrung.
"Du musst die Dinge alleine angehen und unorthodoxe Wege gehen. Heute arbeite ich ehrenamtlich für die Kiezbox, weil ich dadurch u.a. Marketing und Fundraising kennenlerne. Beides sind gefragte Qualifikationen heutzutage, und ich bekäme dafür nie eine Fortbildung vom Arbeitsamt. Ich lerne außerdem, wie ich für mich die Zeit zwischen Familie und Beruf am besten aufteilen kann. Einiges schaffe ich tagsüber, oft sitze ich aber auch abends am Computer.
Durch die Arbeit am Projekt bekomme ich wieder neue Kontakte und Ideen, so dass ich jetzt auch schon mal gelegentlich über Selbstständigkeit nachdenke. Warum nicht - ein wenig Hausaufgabenhilfe, ein wenig Projektarbeit, Bürohilfe - von jedem etwas - und das dann für Geld. Da würde ich mich dann zur Beratung an das KICK wenden!"
Das sie zu all dem jemals den Mut haben könnte, hat sich Dagmar vor dem Berufsorientierungskurs nicht träumen lassen.

Bärbel Schneider


 Februar 2004 - zurück zum Inhaltsverzeichnis