"70 Grad - Wenn das Blut kocht"
 
 
Drehbuchlesung im Café Breslau: Auftakt für eine Vortragsreihe der besonderen Art in der Künstler Lounge Berlin.

Freitag, der 14. Mai, es ist abends, kurz vor acht Uhr und im ersten Stock des Café Breslau sucht sich jeder schnell noch einen Platz.

Das erste, was auffällt, ist der Couchtisch...überquellende Aschenbecher, zahlreiche Bierflaschen, in der Mitte prangt ein halbes Hähnchen, aufgespießt mit einem Messer. Hinter dem Tisch steht ein geschmackvoll gemustertes Sofa..."sieht ja alles ganz einladend aus" ist der erste Gedanke.

Spätestens bei den einleitenden Worten von Bianca Karsten wird dem Zuhörer klar, dass dies kein Abend wird, an dem man sich einfach zurücklehnen kann. Die Lesung soll zum Nachdenken anregen und Stoff für Gespräche liefern. Und in den folgenden zwei Stunden entfaltet sich dem Publikum die Geschichte von Gisela und Ralf, eine Geschichte über Liebe und Hass, schonungslos und un-geschminkt dargestellt. Ist man zu-nächst abgestoßen vom Kreislauf von Selbsterniedrigung, Sex und Gewalt, fühlt man sich doch gleichzeitig wie magisch hineingezogen in diesen Strudel.

Der Versuch, sich dem Trott aus Egoismus und Roheit zu entziehen, scheitert, und trotz der Schmerzen, die beide einander zufügen, finden sich auch immer wieder Szenen, in denen sich Zärtlichkeit und Zuneigung wiederspiegeln. Momente, in denen sich beide vorsichtig aneinander herantasten und Platz für Augenblicke schaffen, in denen Zerstörungswut ihrer Liebe Platz macht. Bis die Realität sie wieder einholt und die Situation eskaliert. Es ist ein Punkt erreicht, in dem die Liebe dem Hass nicht mehr standhält, an dem sie zerbricht. Ihre Wege trennen sich, und als sie sich Jahre später wiederbegegnen, ist da nichts mehr, was sie verbindet.

Auf eindringliche Art bringen die Leser diese dramatische Milieuromanze im Sprachgebrauch der Gosse auf den Punkt. Und ist man zunächst verwirrt und abgestoßen, hat auch Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Geschichte, so kann man sich am Ende doch nicht des Gefühls erwehren, dass man an diesem Abend Einblick in eine Wirklichkeit bekommen hat, die man einfach nicht kennt, die fremd ist, aber vorhanden.

"70 Grad - Wenn das Blut kocht" eine Geschichte, geschrieben von Lothar Berg, gelesen von Frank Kessler, Bettina Kramer, Torsten Spohn, Jan Andres, Bianca Karsten und Martin Kauz, mit musikalischer Begleitung von Michael Repp. Dieser Abend war der Auftakt für die Vortragsreihe der Künstler Lounge Berlin. Unter diesem Begriff haben sich zahlreiche bekannte und unbekannte Künstler aus verschiedenen Bereichen, wie Comedy, Artistik, Musik und Schauspielerei, zusammengefunden. Kerngedanke ist, diese unterschiedlichen Bereiche zuammenzufügen, Erfahrungen auszutauschen, Ideen mit vereinter Energie und Kreativität umzusetzen.

In Zusammenarbeit mit dem Café Breslau Fuego hat die Künstler Lounge Berlin mit dieser szenischen Lesung eine Veranstaltungsreihe eröffnet, der alle zwei Monate eine weitere Vorstellung folgen wird.

Wer sich regelmäßig über Veranstaltungen informieren will, hat die Möglichkeit, sich im Café in den Verteiler eintragen zu lassen.

Café Breslau Fuego
Hauptstr. 80 - 12159 Berlin
Tel.: 030 / 852 50 69

Informationen gibt es auch unter www.kuenstlerlounge-berlin.de .

Juni 2004  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis