Ein Tag mit den Kiezschwestern der Sozialstation Friedenau in der Haus- und Krankenpflege | |||
Was
wäre besser geeignet, eine Sozialstation kennen zu lernen, als die
Mitarbeiterinnen bei ihrer Arbeit zu begleiten? Gedacht, getan: Zwei
Arbeitstage lang begleitete Bärbel Schneider, ehrenamtliche Redakteurin
bei der Stadtteilzeitung, Haus- und Krankenpflegerinnen bei ihren
Patientenbesuchen:
"Elke G., die seit 2002 als Hauspflegerin für die Sozialstation Friedenau arbeitet, beginnt morgens um 6.30 Uhr ihre Tour. Sie fährt mit dem Auto, da ihr Weg sie heute von Schöneberg über Friedenau nach Wilmersdorf führt. Sie hat an diesem Freitag sechs Patienten für die Hauspflege, die zum Teil viel Zeit beansprucht, zu besuchen. Sie beginnt den Tag mit einem Blick in die Patientenakten in der Sozialstation. Da sie nicht jeden Patienten täglich besucht, ist dies notwendig, um festzustellen, ob sich an der Pflege etwas geändert hat. Für die allein lebenden und/oder behinderten Patienten/innen muss sie die entsprechenden Schlüssel an sich nehmen, damit sie deren Wohnung betreten kann. Für diesen Tag muss Elke G. einer
Patientin Haushaltsgeld bringen und sie waschen. Da die Patientin die
Körperpflege nicht sehr mag, wird sie sie freundlich, aber hartnäckig
von der Notwendigkeit überzeugen. Sie achtet darauf, dass die Patientin
ausreichend trinkt, bietet ein Getränk an und wartet, dass es getrunken
wird. Gleichzeitig kontrolliert sie, dass der Wasserkocher abgeschaltet
und Getränke im Kühlschrank vorhanden sind. Diese Patientin wird später
in die Tagespflege abgeholt. Körperpflege und Ankleiden ist auch bei den
nächsten beiden Patienten ihre Aufgabe, aber auch einkaufen gehen und ein
Spaziergang mit einer älteren Dame stehen heute noch auf ihrem Programm. Der letzte Patient ist Elke G. heute zugeteilt worden, weil die reguläre Hauspflegerin erkrankt ist. Mit gemischten Gefühlen sucht sie ihn auf, da sie Informationen über die zu leistenden Dienste erst aus der Pflegeakte vor Ort erfahren kann. Der Patient öffnet zwar, möchte aber ausschließlich von der gewohnten Hauspflegerin betreut werden. Elke G. kann daher weder die Wohnung reinigen, noch mit ihm einkaufen gehen. Sie stellt sicher, dass er ausreichend Lebensmittel und Getränke für das Wochenende im Haus hat und gut versorgt ist und geht dann. Bei jedem Patienten liegt eine Pflegeakte vor, in die die Hauspflegerinnen ihre erbrachten (ausgeführten) Leistungen sowie eine kurze Mitteilung darüber, wie sie den/die Patient/in, angetroffen haben (Stimmung, Klagen, Wünsche) eintragen müssen. Außerdem finden sie hier Haushalts- und Pflegepläne und Informationen über Besonderheiten, wenn andere Pflegerinnen die Patienten besucht haben. Elke G. berichtet unterwegs, dass sie eine feste Patientengruppe betreut und nicht jeden täglich besucht. An ihrer Tätigkeit gefällt ihr die selbständige Arbeit. Der Zeitaufwand für die einzelnen Leistungen ist vorgeschrieben. (Es gibt keine Zeitvorgaben, nur ungefähre Schätzungen, wie lange der Einsatz dauern könnte). Sie muss über ihre Arbeit auch einen Tätigkeitsbericht (Zeitprotokoll) führen, der zur Abrechnung dient. An einem Samstag im Mai habe ich Frau Sabine W. auf ihrer Tour zu den Patientinnen begleitet. Sie ist ausgebildete Altenpflegerin und seit 2002 Mitarbeiterin in der Krankenpflege der Sozialstation Friedenau. Sie fährt bei Wind und Wetter ihre Tour mit dem Fahrrad. Sabine W. ist morgens kurz nach sechs Uhr die erste in der Station. Sie sieht in die Krankenakten ihrer Patientinnen, um Veränderungen in der Pflege festzustellen und packt die nötigen Schlüssel und Unterlagen ein. Der Anrufbeantworter blinkt und muss sofort abgehört werden. Eine Kollegin meldet sich krank, eine Patientin möchte früher als verabredet besucht werden. Das muss sie nun im Übergabebuch vermerken, eine Kollegin aus der Bereitschaft herbei telefonieren und den Patientenwunsch an die entsprechende Kollegin weitergeben. Dann geht's per Fahrrad los zu ihren ersten
Patientinnen, Diabetikerinnen, die auf ihre Blutzuckerkontrolle und die
entsprechende Insulin-Injektion warten. Es geht durch den Kiez, mal vier
Treppen hoch zu Fuß, mal gibt es einen Aufzug. Sie fragt die Patientinnen
nach ihrem Befinden und wechselt auch ein privates Wort mit ihnen. Auch
hier müssen bei jedem Patienten die geleisteten Tätigkeiten in der
Pflegeakte notiert werden, dazu eine kurze Beschreibung über das Befinden
der Patientin. Bei anderen Patientinnen muss Sabine die Medikamente
stellen, kontrollieren, ob noch ausreichend Medikamente vorhanden sind und
Vermerke für die Kolleginnen der Hauspflege machen, damit bei den
behandelnden Ärzten neue Rezepte besorgt werden. Mal ist das Frühstück
mit herzurichten, mal hilft sie bei der Körperpflege und dem Anziehen der
Kompressionsstrümpfe. Einer anderen Patientin muss sie die Beine wickeln
und vorher einreiben. Die Tour ging kreuz und quer durch Friedenau, und Sabine W. muss zum Abschluss noch zwei Patientinnenwünsche im Büro für die Spätschicht hinterlegen, dann beginnt der wohlverdiente Feierabend für sie. Bärbel Schneider Juni 2004 Stadtteilzeitung < Inhaltsverzeichnis |