"Frei leben - ohne Gewalt!"
Die Mitarbeiterin im Frauenbeauftragten-Büro, Ursula Hasecke, über den regionalen Aktionsplan gegen häusliche Gewalt

Was ist häusliche Gewalt? Häusliche Gewalt wendet sich in der Mehrzahl der Fälle gegen Frauen und Kinder und wird überwiegend von Männern ausgeübt. "Häusliche Gewalt ist nicht allein körperlich, sie ist auch so definiert, dass sie den freien Willen einer Person einschränkt. Sie kann sich in sexueller und psychischer Gewalt ausdrücken, in sozialer Gewalt, wenn die Frau völlig isoliert wird, kaum oder nur unter Kontrolle soziale Kontakte hat, und auch in ökonomischer Gewalt, indem ihr z.B. verboten wird, Arbeit aufzunehmen, Einkommen vorenthalten wird, etc." erläutert Frau Hasecke.
Von Januar bis Ende November 2003 wurden im Bezirk 598 Fälle von häuslicher Gewalt bei der Polizei angezeigt. Die Betroffenen kommen aus allen sozialen Schichten.

Die Schwerpunkte der Arbeit am regionalen Aktionsplan gegen häusliche Gewalt liegen in den Bereichen Prävention, Opferschutz, und Täterarbeit. Ebenso ist die Information und Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit wie auch der Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung ein fester Bestandteil dieses Plans.

Die Kooperation zwischen Institutionen und Projekten, die Vernetzung von Hilfsangeboten, diese Aspekte werden im Rahmen des Runden Tisches von Frau Hasecke zusammengefasst. Ihr obliegt da-bei die initiierende, koordinierende und moderierende Funktion im Hinblick darauf, den Prozess in Gang zu setzen und zu halten sowie Strukturen zu schaffen. Am Runden Tisch treffen die Akteurinnen und Akteure zusammen um sich auszutauschen, Defizite auszumachen und Verbesserungsvorschläge zu entwickeln. Zu dieser Gruppe gehören u.a. die Zufluchtswohnungen von ZUFF e.V., TARA, die Beratung für Frauen in Konflikt- und Gewaltsituationen, Frauenhaus Caritas und Frauenzimmer e.V.. "Es gilt die Schnittstellen zwischen den verschiedenen Institutionen, sowohl innerhalb der Verwaltung als auch in Verbindung mit den Einrichtungen und Projekten mit Leben zu füllen - sprich zu Vereinbarungen und Handlungsleitlinien zu kommen sowie den Gedanken der Vernetzung zum Nutzen aller Beteiligten umzusetzen."
Besonders die Prävention sieht sie als ein sehr wichtiges Handlungs- und Aufgabenfeld: "Es erscheint mir notwendig auch in den Bereich Schule hineinzugehen. Fortbildungen und Schulungen sollen dem Leitbild der gewaltfreien Erziehung Rechnung tragen. Es ist ja mittlerweile auch Bundesgesetz, dass gewaltfreie Erziehung sowohl in der Familie als auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen stattfinden soll."

Dieses Ziel verfolgt u.a. und eher als Bestandteil eines größeren Zusammenhanges auch der Antrag der SPD-Fraktion: 'Gewaltprävention durch geschlechterbewusste Sozialisation' vom September letzten Jahres. Es ist zu prüfen, inwieweit die Kinder-, Jugend- und Schuleinrichtungen des Bezirks konzeptionelle Arbeiten hierzu durchführen und Leitlinien für geschlechterbewusste Jugendarbeit entwickeln.
"Es geht auch darum, dass ein Tabu offen thematisiert wird, denn häusliche Gewalt ist trotz allem letztendlich immer noch ein Stück Tabuthema. Es könnte dann den Effekt haben, dass Schülerinnen und Schüler, die davon tangiert sind, merken - ich kann mich trauen das anzusprechen," erklärt Frau Hasecke. "Vom Gedanken der Prävention her halte ich es für besonders sinnvoll in Grundschulen zu beginnen, d.h. Informationen, Wissen und Handlungsmöglichkeiten frühzeitig zu vermitteln, im besten Falle bevor eine Gewaltspirale einsetzen kann."

Ihr Eindruck von der bisherigen Umsetzung ist positiv und bekräftigend: "Was deutlich wurde im Rahmen des Runden Tisches ist, dass die Beratungs- und Unterstützungsstruktur, die wir haben - nämlich Frauenhaus, Zufluchtswohnungen und Beratung - unbedingt aufrecht erhalten werden muss. Die Beteiligten vertreten sehr wichtige Einrichtungen, zumal sie in professioneller Weise Hilfe und Unterstützung bieten und das mit einer Erfahrung von teils zehn, zwanzig Jahren. Frauenhäuser und Zufluchtswohnungen werden immer mehr frequentiert in den letzten Jahren. Um dieser Problematik angemessen begegnen zu können, ist das genau die Struktur von Beratung und Unterstützung, die wir brauchen. Ein Anliegen, das der Bürgermeister Ekkehard Band ausdrücklich unterstützt: "Dieser Aufgabe stellen wir uns aktiv und mit Engagement. Wir haben die Erarbeitung des Aktionsplans zu einem unserer Schwerpunkte in der bezirklichen Gleichstellungspolitik gemacht."

NOTRUF bei häuslicher Gewalt
Tel. 611 03 00
und weitere Hilfsangebote in Tempelhof-Schöneberg:
Frauenzimmer Tel. 787 50 15
Tara, Frauenberatung für Frauen in Konflikt- und Gewaltsituationen Tel. 787 18 34 0
Lesbenberatung Tel. 215 20 0
ZUFF e.V. Tel. 785 94 09

Annika Sindram

Lesen Sie auch: Polizeieinsatz Häusliche Gewalt in der Zeitung "Gesundheit im Südwesten"


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Präventionseinsatz des Polizeiabschnitt 42 zum Thema "Häusliche Gewalt" in der Kaiser-Wilhelm-Passage in Berlin-Schöneberg