Wie kommt Frau nach Familienpause in das Berufsleben zurück? Teil 2
Frauen ergreifen neue Chancen

Auch 2004 haben sich die Berufsaussichten für Frauen nicht gebessert. Im Zeitalter von Hartz und Gerster ist auch für die Selbstständigkeit eine gründliche Analyse der eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten notwendig. Genau so wichtig ist es für den Wiedereinstieg ins Berufsleben.

Ich habe durch Dagmars Vermittlung (meine Gesprächspartnerin aus Teil 1) Frau Irene Steiger getroffen. Sie hat im letzten Herbst einen Berufsorientierungskursus für erwerbslose Frauen und Mütter absolviert, der auch in diesem Jahr, wie seit vielen Jahren, wieder vom Nachbarschaftsheim Schöneberg in der Holsteinischen Straße 30 angeboten wird. Sie ist Mutter zweier Kinder und hatte sich bis zum Kindergarteneintritt ihrer jüngsten Tochter ausschließlich der Familie gewidmet. Innere Unzufriedenheit über ihre Lebenssituation und das Wissen, dass ihr Selbstwertgefühl dringendst eine Bestätigung außerhalb der Familie bedurfte, sowie das vage Gefühl, mehr zu können, als sich um Kinder und Haushalt zu kümmern, aber mit dem Wissen, sich nicht alleine zu trauen, Neues in Angriff zu nehmen, brachte sie auf Empfehlung einer Bekannten dazu, sich für den Berufsorientierungskurs für Frauen beim Nachbarschaftsheim Schöneberg anzumelden. Die Teilnehmerzahl ist für den Kurs auf ca. 20 Frauen beschränkt. Die Kurse finden zweimal im Jahr statt. Es gibt Anmeldelisten, die um ein vielfaches länger sind. Alle interessierten Frauen werden zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Hier entscheiden sich die Interessierten endgültig. Die ersten 20 Anwesenden nach der Liste sind dann die glücklichen Teilnehmerinnen.

So bekam Frau Steiger auch ihre Chance, obwohl sie weiter unten auf der Liste stand. Mit vagen Hoffnungen war sie der Einladung zu einem Informationsgespräch gefolgt, doch zu ihrem Glück waren etliche von den anderen Kandidatinnen nicht erschienen.

Die Frauen aus ihrer Gruppe hatten ähnliche Hintergründe wie sie, eine lange Familienpause oder Erwerbslosigkeit und/oder keine Berufsperspektive. Mit Beginn des Kurses wurden allgemeine Arbeitsgrundlagen besprochen, wie z.B. Toleranz und Respekt im Umgang mit den anderen. Die beiden Kursleiterinnen, Marianne Konemann und Christiane Pods haben dann über 12 Wochen jeweils an zwei Vormittagen und auf zwei Wochenendseminaren mit den Teilnehmerinnen Schnittstellen zwischen Hobbys, Interessen, Wünschen und beruflichen Qualifikationen für jede gesucht, um mit ihnen Wege in eine berufliche Zukunft zu entwickeln und ihnen das Rüstzeug für die Verwirklichung zu vermitteln. Jede Teilnehmerin hat sich einen persönlichen Lebenslauf erarbeitet, eine Bewerbungsmappe angelegt und gelernt wie eine Initiativbewerbung gemacht wird. Jede hat Tipps und Tricks für Verhandlungen mit anderen zur Verwirklichung ihrer Ziele gelernt.

Dabei traten durch die Sicht der anderen häufig Wissen und Fähigkeiten hervor, die frau für sich selbst ganz anders , häufig negativ abgetan hat. Bei den Gesprächen findet auch häufig eine Umbewertung der eigenen Fähigkeiten statt, insbesondere bei den Managerinnen der "Kleinunternehmen Familie" ("Hausfrau und Mütter"). Sie lernen eine deutliche Höherbewertung der Zeit der Familienarbeit. Sich um Kinder, Haushalt, Beziehungen, Freundschaften, Schule, Kinderbetreuung und eventuell noch einen Minijob zu kümmern, erfordert erhebliche Fähigkeiten in Management und Organisation.

Meiner Gesprächspartnerin hat besonders die persönliche Beratung bei der Neugestaltung ihrer Lebenssituation gefallen, sowie das Angebot zur Nachsorge, wenn plötzlich scheinbar unüberwindbare Hürden auftauchen.
Als ich mit Frau Steiger ins Gespräch kam, konnte ich ihr wieder erwachtes und gestärktes Selbstbewusstsein spüren. Sie hat für sich schon neue berufliche Perspektiven gefunden, deren Realisierung sie nun mit Elan verwirklichen wird.

Bärbel Schneider
ehrenamtliche Redakteurin

Berufsorientierung für Frauen
Holsteinische Straße 30
12161 Berlin
Tel 21 01 47 13, Fax 21 01 48 80
berufsorientierung@nachbarschaftsheim-schoeneberg.de
Marianne Konermann, Christiane Pods

Anmeldung und Information:
Montag bis Donnerstag
von 10.00 bis 14.00 Uhr


 Stadtteilzeitung - März 2004 - zurück zum Inhaltsverzeichnis