Menschen in der VHS: Norbert Müller
Norbert Müller ©Konstantin Kopietz / Residenz Verlag
Norbert Müller © Konstantin Kopietz / Residenz Verlag

Sprach-Lehrer und Sprach-Artist

Ganz anders als sein jüngster Romanheld, kommt er nicht als "Sorgengenerator" daher. Norbert Müller, Deutsch-Lehrer an der VHS und im Moment in überregionalen Feuilletons viel beachteter Romanautor, wirkt auch nicht wie einer, der sich verbissen durch die Sprache quält. Und doch: Schriftsteller wollte er immer schon werden, bekundet er, nicht zuletzt, weil er immer so schlecht in Deutsch war. Er meint das nicht nur als kokette Selbstironie, sondern ganz ernsthaft: Was einem so zufliegt, ist selten das Spannende. Die Routine ist nicht kreativ.

Norbert Müller hat nach dem Germanistikstudium in Freiburg und Wien, nach einer Episode als studentischer Gelegenheits-Briefträger im Breisgau, zunächst mehr zum reinen Broterwerb privaten Deutschunterricht gegeben. Und nebenbei - in Wien wie in Irland und Oxford - hat er immer geschrieben. Zunächst nur mit wenig Gegenliebe der Verlage. 1997 kam ein erstes Theaterstück in Wien heraus und 1998 der erste Roman "Lettermanns Fall". Seit vier Jahren lebt Müller - seit zwei Jahren mit Frau und Tochter - in Berlin und hat in der Unterrichtstätigkeit an der VHS Tempelhof-Schöneberg mehr als sein "zweites Standbein" gefunden.

Im Moment unterrichtet er in Abendkursen "Deutsch als Fremdsprache", zweimal die Woche. Das ist gerade die Menge, die ihm nicht zu viel Zeit fürs Schreiben wegnimmt. Und doch den Spaß an der Sprach-Vermittlung, am kommunikativen Tun lässt - bei aller Anstrengung. Dass er hier Menschen von weither begegnet, mit ihnen gemeinsam erlebt, wie schwierig es oft ist, zu einer Verständigung zu kommen und dass sie trotz aller Verschiedenheit dann schließlich doch gelingt - das alles ist Norbert Müller eine wertvolle Erfahrung. "Ich erlebe darin einen Lebensaspekt von Berlin, der mir sonst verborgen bleiben würde".

Im Februar ist Norbert Müllers zweiter Roman herausgekommen - "die Geschichte eines Mannes, der sich und seine Umgebung verlässlich mit Problemen versorgt - so eine Art Stadtneurotiker." Er legt Wert darauf, dass dies keine autobiografische Erzählung ist, sondern verdichtetes Leben. Schreiben ist für Müller die Möglichkeit, "die Welt, die sehr komplex ist, im Kleinformat gebannt zu bekommen." Es ist das Aus- und Anprobieren von Rollen, die man hätte leben können - und doch so nie leben will und wird.

Der Romanautor Müller zieht jetzt zunächst einmal als Stipendiat für ein halbes Jahr in ein münsterländisches Künstlerdorf. Aber der Deutschlehrer Müller kommt gleichzeitig nicht los von dieser spannenden Stadt Berlin und ihren Menschen, auch seinen Deutschstudenten an der VHS. Wie es weiter geht ? Das Ende bleibt, wie in seinem neuen Roman, zunächst noch offen.

Norbert Müllers Roman "Der Sorgengenerator"ist im Salzburger Residenz-Verlag erschienen und kostet 19,90 Euro.

Mai 2004  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis