Nachbarschaft konkret: Ein Besuch in der Kita Jeverstraße
 
 
Die Kindertagesstätte Jeverstraße wurde von 1957 bis 2004 vom Bezirksamt Steglitz betrieben. Seit Mai befindet sie sich nun in der Trägerschaft des Nachtbarschaftsheim Schöneberg e. V., genau wie das Kinder-, Jugend- und Familienzentrum im gleichen Gebäudekomplex in der Jeverstraße 9-11. Die Kita bietet Platz für 50 Kindergartenkinder von zwei bis sechs Jahren und für 40 Hortkinder. An der Eingangstür werden Kinder, Eltern und Besucher in einer Vielzahl von Sprachen "herzlich willkommen" geheißen.

Viele Kinder kommen aus zweisprachigen Familien, berichtete mir Frau Seefisch, die Leiterin der Kita. Sie zählt die verschieden Sprachen zusammen und kommt auf 14.

Seit Mai 2004 arbeitet sie mit ihren sieben Kolleginnen daran, ein Erziehungskonzept zu verwirklichen, das die Kita als einen lebendigen Lern- und Lebensort für die betreuten Kinder präsentiert. Hier sollen sich auch die Eltern wohlfühlen können. Dazu sollen Veranstaltungen wie Elterncafés und gemeinsame Feste beitragen. "Die Zeit der Kinder im Kindergarten betrachten wir als vorschulische Bildungsjahre. Zur Schulvorbereitung gehört die Förderung intellektueller und sozialer Kompetenzen wie Selbstständigkeit und Selbstvertrauen, Neugier und Lernfreude, die Fähigkeit in der Gemeinschaft leben und handeln zu können" erklärt mir Frau Seefisch. "Kinder sollen lernen, sich vielfältig zu betätigen und sich auszudrücken im kreativen Gestalten, in Tanz und Bewegung, in Sprache, mit Büchern, in Musik und Gesang.
Dabei begleiten wir sie, begegnen kulturellen Unterschieden mit Neugier, feiern Feste und pflegen Rituale wie den Morgenkreis. Wir sind bestrebt in unserer Arbeit herauszufinden, welche Themen bei den Kindern im Vordergrund stehen, um sie dann in konkrete Aktivitäten, Angebote und Projekte umzusetzen" erläutert sie die Ziele ihres Teams.

"Unsere Hortkinder, welche die benachbarte Sachsenwaldschule besuchen, können in unserer Kita ihre Hausaufgaben erledigen und gemeinsame Gruppenaktivitäten erleben. Wir unterstützen sie dabei, ihren Neigungen und Interessen nachzugehen. Von zentraler Bedeutung sind für diese Altersgruppe neben der Auseinandersetzung mit der schulischen Leistungsanforderung die Behauptung in der Gruppe mit Gleichaltrigen, der Wunsch nach zu-nehmender Selbstständigkeit und Verantwortung sowie das Finden der eigenen Identität" erläutert sie ihre Vorstellungen. Im Vorfeld hat sie viele Elterngespräche geführt. Ein vor dem Ferienbeginn veranstaltetes Sommerfest hat mit seiner Resonanz bei Kindern und Eltern die Ziele des Teams bestärkt. Die 5 - 6 jährigen Vorschulkinder, die in die zwei Kindergarteneinheiten integriert sind, kommen täglich vormittags in einer eigenen Lerngruppe zusammen. Zum Mittagessen bereitet eine Küchenkraft die angelieferte Tiefkühlkost zu, eine Regelung, die unter Leitung des Bezirksamts abgeschlossen wurde. Das Ziel von Frau Seefisch ist es, durch eine bessere Küchenau-stattung und die Möglichkeit zur Vorratshaltung zu einer eigenen Speisezubereitung übergehen zu können.

Da die Kita in den 50er Jahren errichtet wurde, stehen Baumaßnahmen zur Umweltentlastung an. Dabei entstehen dem Nachbarschaftsheim hohe Kosten. Gebäudeteile sind nach neuesten Erkenntnissen Instand zu setzen, Erde berührende Böden müssen ausgetauscht werden. Und das wird demnächst bei laufendem Kita-Betrieb durchgeführt werden und verlangt von ihr und ihrem Team jede Menge Improvisation in der Organisation ihrer Aktivitäten mit den Kindern in dieser Zeit. Darüber hinaus wird das Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V. nun auf eigene Kosten die schon dem Bezirksamt auferlegten Auflagen umsetzen, wie z.B. die aufwändige Umgestaltung der Garderoben aus Brandschutzgründen.

Die Leiterin konnte auch schon zwei ehrenamtliche Mitarbeiterinnen gewinnen, welche die Kinder bei den Schularbeiten und in der Sprachförderung unterstützen werden. Eine junge Frau absolviert zur Zeit ihr freiwilliges soziales Jahr.

Und wie haben die Kinder den Trägerwechsel wahrgenommen?
Tom 8 J. : "Wir werken mehr, wir machen z. B. Laubsägearbeiten." Helen 8 J. : "Wir züchten winzige Urzeitkrebse, die heißen auch Salinenkrebse." Franziska 7 J. : "Ich habe nichts bemerkt." Madalena 8 J. : "Wir machen mehr, dienstags Experimente aus einem Buch. Letztens haben wir die Reaktion von Essig mit Backpulver und Wasser beobachtet. Mittwochs können wir werken und freitags machen wir Sport." Seyma 7 J. : "Die neuen Erzieherinnen sind sehr nett." Jaime-Lee 8 J.: "Das Mittagessen hat sich verbessert. Manchmal wird jetzt hier gekocht." Matthias 8 J.: "Unser Raum hat sich durch Möbelumstellung verbessert. Wir haben auch mehr Ecken, in denen wir ungestört Schularbeiten machen können. Da ist es jetzt viel ruhiger. Schade ist nur, dass die Ballecke, weil sie schadhaft ist, abgebaut werden musste. Da haben wir Unterschriften für den Erhalt gesammelt."

Auch die Resonanz im Kiez ist positiv. Die Nachfrage nach Plätzen in der Kita ist gestiegen. Das zeigt die Warteliste für Krippen- bis Hortplätze.

Bärbel Schneider
Ehrenamtliche Redakteurin

Oktober 2004  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis