Der Hermann-Ehlers-Platz Zentrum des alten und neuen Steglitz | |||
Der Hermann-Ehlers-Platz liegt
im Schnittpunkt der Wege von Zehlendorf-Mitte über Schlossstrasse nach
Schöneberg und von Lankwitz über Dahlem zum Grunewaldsee. Er wird von
der Albrecht- und Schlossstrasse tangiert. Heute ist er ein
Verkehrsknotenpunkt mit S-, U- und Busbahnhof und diversen
Bushaltestellen. Der U-Bahnhof Rathaus Steglitz wird werktäglich von ca.
35.000 Menschen genutzt Ca. 30.000 Fahrzeuge befahren täglich die
Kreuzung Schloss- / Grunewaldstraße. Wochen- und Trödelmärkte locken
viele Menschen auf den Hermann-Ehlers-Platz. Platz für Ruhe und
Entspannung ist hier nicht. Der Hermann-Ehlers-Platz ist ein beliebter
Treffpunkt für gemeinsame Aktivitäten. Parteien, Bürger-initiativen und
sozial-kulturelle Einrichtungen nutzen den Platz gern für Aktionen und
Informationsstände.
Ein Blick zurück: Zu Beginn des 18. Jahrhunderts mussten der König, seine Beamte und Kuriere durch Schöneberg, Steglitz und Zehlendorf, um von Berlin nach Potsdam zu gelangen. Die Straßen waren in miserablem Zustand, die Wege von Wagenrädern ausgefahren, staubig im Sommer, morastig im Herbst. Eine Straßenbaubehörde gab's nicht. Friedrich der Große hielt die Straße bewusst in schlechtem Zustand - als strategisches Verteidigungsmittel in Kriegszeiten. Erst Friedrich Wilhelm II sorgte Ende des 18. Jahrhunderts für ein intaktes Straßennetz, dazu gehörte ingenieurmäßige Planung mit Unterfütterung von Kies. 11.600 Fuhren zwischen Zehlendorf und Steglitz leisteten die Steglitzer und konnten die Strecke daraufhin kostenlos benutzen. Alle anderen mussten Maut bezahlen. Die Straße wurde zwischen 1793 u. 1795 fertig von Pappeln gesäumt. Nun kam man schnell aus Berlin heraus, aber ebenso schnell wieder rein. Steglitz lag damit an einer der wichtigsten
Fernstraßen Preußens. Seit 1780 gab es eine Schmiede an dem heutigen
Hermann-Ehlers-Platz. Schmieden waren so etwas wie heute Tankstellen,
Gradmesser einer funktionierenden Infrastruktur, ähnlich wie Gasthöfe.
1830 eröffnete der so genannte "Albrechtshof", der aber erst
nach seinem Umbau 1864 durch Carl Albrecht zu seinem Namen kam. Das alte Dorf Steglitz lag etwa zwischen
Wolfensteindamm und Albrechtstrasse, spätere Erweiterungen erstreckten
sich entlang der Schlossstrasse Richtung Schöneberg. Heute steht auf der
südöstlichen Dorfseite kein Stein des alten Steglitz mehr, der klotzige
Kreisel und die Auf- und Abfahrten der Westtangente lassen nicht ahnen,
dass sich dort einmal Bauerhöfe befanden. Als namensloser Platz (Platz vor dem Rathaus) brachte er das Rathaus Steglitz, dass von 1892 bis 1894 im Stil der Neugotik entstand, besser zur Geltung. Für das Rathaus wurde das altes Dampfbahnrestaurant an gleicher Stelle abgerissen. Für den Platz musste um 1900 die oben erwähnte Schmiede weichen, die seit 1780 dort stand. Der ehemals dreieckige Platz war anfangs eine begrünte Anlage. [Bild 1 Postkarte Archiv Holtz] Im Jahr 1950 zeigt sich der Platz zu einem öden Parkplatz verkommen. Seine neue Gestalt erhielt er durch die veränderte Straßenführung, die in den 60er Jahren durch den Bau der Westtangente, und die Errichtung des "Kreisel" Anfang der 70er Jahre, der auch den Abriss der letzten Reste des Dorfes Steglitz erforderte. Die Straße entlang der älteren Häuser gegenüber dem Kreisel wurde geschlossen und die Albrechtstraße zwischen Kuhligshof- und Schlossstraße nach Südwesten verschwenkt. Dadurch wurde der Platz größer. 1975 wurden Lichtkunstwände errichtet. 1975 muss auch das Geburtsjahr der Berliner Sprayer-Bewegung gewesen sein, jedenfalls waren die Wände schnell beschmiert. Das neu errichtete Kaskadenwasserbecken fristete ein ähnliches Schicksal, es war schnell voller Unrat. Zur 750-Jahrfeier Berlins 1987 wurden diese Straßenmöbel abgerissen und durch einen Brunnen mit Pflanzbecken und Hecken ersetzt. Seit 1994 steht auf dem
Hermann-Ehlers-Platz zur Erinnerung an die von den Nazis ermordeten Juden
eine zehn Meter lange und mehrere Meter hohe Spiegelwand, auf der die
Namen, Geburtsdaten und Adressen von 1723 Steglitzer Juden eingraviert
sind, die in Konzentrationslager im Osten verschleppt wurden. Seinen Namen erhielt der Platz erst 1955, zuerst Ehlers-Platz, dann 1958 Hermann-Ehlers-Platz nach Hermann Ludwig Ehlers. Er war seit 1949 als CDU-Mitglied im Bundestag, 1950 wird er Bundestagspräsident. Ehlers, ein Steglitzer Gewächs, wurde am 1. 10.1904 in Schöneberg geboren. Kurz darauf zog die Familie in die Poschingerstraße nach Steglitz. Er ist mit der Wandervogelbewegung aufgewachsen. In den 30er Jahren war er zeitweise auch für Steglitz im Staatsdienst als Jurist tätig. Seine kirchlichen Aktivitäten führten 1939 zur Entlassung aus dem Staatsdienst. Nach 1945 arbeitete er als juristischer Oberkirchenrat in Oldenburg. Hier verstarb er am 29.10 1954. Im Oktober gedenken wir dem 50. Todestag und 100. Geburtstag von Hermann Ehlers. Zur Zeit befindet sich am Hermann-Ehlers-Platz eine Großbaustelle. Die Realisierung eines riesigen Einkaufszentrum der "Schlossgalerie" hat begonnen. Das Center wird das Rathaus mit einer Fassade, die sich an den Kaufhäusern des 19. Jahrhunderts orientiert, umschließen. Im Inneren des Centers möchte der Investor den Himmel über Berlin "neu definieren": Durch eine hochmoderne Dachprojektion kann jedes beliebige reale oder fantastische Firmament lebensecht erzeugt werden: Tag und Nacht, Sonne und Wolken, das Weltall oder die Tiefsee können projiziert werden. Las Vegas lässt grüßen! (s. Internetseite: www.schlossgalerie.de). Eine Bürgerinitiative wehrt sich gegen diese Planungen. (s. Internetseite: www.bi-schlossgalerie.de) Bärbel Schneider September 2004 Stadtteilzeitung < Inhaltsverzeichnis |