MULTIKULTI auf dem Dürerplatz
 
 

Wer sich wie ich am Nachmittag des 14. August auf den Dürerplatz verirrt hatte, konnte Ungewöhnliches erleben - auf dem normalerweise eher öden Gelände tobte so ein bisschen das Leben: eine kleine Bühne ist aufgebaut, Läden und Organisationen des Kiezes verkaufen an langen Tischen Leckereien und bieten Informationen an, und eine Bierbar gibt es natürlich auch. Die Stadtteilzeitung zeigt auf Stellwänden 50-100 Jahre alte Fotos vom Dürerplatz, die auf großes Interesse stoßen, sogar bei den kessen türkischen Jungs ("richtige" Berliner mit orientalischem Macho-Einschlag!) Einer von ihnen will wissen, ob da mal ein Nashorn gestanden hätte mitten auf dem Dürerplatz; aber es ist bloß eine Fotokollage, die auf Dürer, den Namenspatron des Platzes, hinweisen soll. Den kennen sie übrigens auch, zeigen gleich auf das spannende Graffiti am Bahnhofseingang, auf dem u.a. auch sein Porträt zu sehen ist. Die Schöpfer dieses gewaltigen Werkes haben am Ort Platz bezogen und lassen sich gern und zu Recht huldigen ("Habt ihr nicht öfter solche Aufträge"?) Bleibt zu hoffen, dass ihre Autorität in ihrer Szene ausreicht, um ein Rumkritzeln in dem "bombing" zu verhindern. Überhaupt dominiert neben den Hunden die Jugend den Platz. Es wird auf langen Papierbahnen gemalt, mit Bobbycars herumgekurvt und an der Kletterwand gekraxelt Die älteren Kids stehen in Gruppen beisammen und schielen mehr oder weniger auffällig aufs andere Geschlecht. Und auch hier wieder viel Multikulti, entsprechend der Bevölkerungszusammensetzung in diesem Kiez.

Auf der Bühne präsentieren sich u.a. ein gemischter Chor und das Theater der Erfahrungen mit seinen gekonnten Sketchen mitten aus dem Leben. Ein junger Türke singt mit wundervoller Altstimme alte orientalische Lieder, grüngewandete Gospelsängerinnen lassen sich hören, und zum Abschluss tanzen alle zu schwingenden syrischen Rhythmen echt multikultimäßig gemeinsam in der Reihe. Und wer die Schrittkombinationen nicht beherrscht, wiegt sich beim Zuhören vor der Bühne mit. Ein schöner Nachmittag!

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Sigrid Wiegand

September 2004  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis