Vorzüglich - "Goethes "Reinecke Fuchs" am Schloßparktheater
Eine souveräne Darstellung von Uwe Dreves und seinem musikalischem Begleiter Dirk Siegel


"Pfingsten das liebliche Fest war gekommen..." - wer kennt diese Zeilen nicht, und so manches andere geflügelte Wort auch, das uns aus diesem Text entgegenkommt. Kann man das überhaupt noch hören und noch dazu seinen Spaß dabei haben? Man kann, vor allem, wenn es so vorzüglich dargeboten wird wie von Uwe Dreves und Dirk Siegel im Schloßparktheater. Szenische Lesung nennt man das ja wohl, was die beiden veranstalten. Ein Rezitator und ein Pianist? Ach herrjeh!
Uwe Drewes, Foto: Maren Böttcher
Nee, nee, kein steifes Pathos - ein Fuß vor und Hand auf's Herz - da wird dargestellt und vorgelebt, daß man des Königs Hofstaat vor sich sieht: Isegrim der Wolf, Grimbart der Dachs, der Hase Lampe - und natürlich Reineke selbst, der schlaue und - nach alter Lesart - verlogene und betrügerische Fuchs, der sich mit List und Tücke aus allen gefährlichen Situationen herauswindet und sich gleich noch die Beute unter den Nagel reißt.

"Vor hundert Jahren hätt' das ein Dichter gesungen?" soll Goethe gesagt haben, als er das mittelalterliche Epos 'Reynke de vos' las; "unmöglich, das ist ja von heute!" Und da der Mensch sich seit Goethes Zeiten nicht geändert hat, ist 'Reineke Fuchs' auch nach weiteren 200 Jahren immer noch aktuell. Wenn wir auch seine Schandtaten nicht mehr auf die Tierwelt projizieren, die wir heute eher in ihrem Lebensraum zu verstehen suchen, so sind uns doch die Metaphern vom schlauen Fuchs oder furchtsamen Hasen noch nicht fremd. Es fällt uns nicht schwer, hinter Goethes tierischen Genossen die menschlichen Schwächen und Abgründe zu entdecken: Habgier und Selbstgerechtigkeit, Heuchelei und Liebedienerei, Dummheit und Tücke. Und auch die Beziehungen zur Politik sind nicht zu übersehen: man sieht (und hört!) den Dicken da oben auf dem Königsthron sitzen und denkt - an wen wohl? Ja, genau! Uwe Dreves lebt, spielt, spricht sie alle mit viel Verve, da hätte es so einiger Mätzchen eigentlich gar nicht bedurft, die gleichwohl auf viel Beifall und Heiterkeit stießen. Goethes Verse sind noch stark und lebendig und stehen für sich, und die souveräne Darstellung von Uwe Dreves und seinem musikalischen Begleiter Dirk Siegel bringt sie uns ganz nahe.

Sigrid Wiegand
Stadtteilzeitung Schöneberg

Nächste Termine:
17. April, 8. Mai, jeweils zur besten Sonntagsmatinézeit um 11 Uhr.

Tickets direkt an der Kasse des Schloßparktheaters und unter
030/700 969 15/17 oder www.schlossparktheater.com

 

April 2005  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis                         

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