Engel in Weiß
Medizinische Hilfe für obdachlose Menschen


Die Winterzeit ist nicht nur Zeit der Lichter und glücklicher Kinderaugen; es ist die Zeit bitterkalter Nächte für obdachlose Menschen, in der die Wunden des Lebens auf der Straße noch mehr schmerzen als sonst.
Die Internistin Dr. Gisela Hain und der Praktische Arzt Dr. Andreas Kärsten aus Friedenau bemühen sich, diese Not zu lindern, und arbeiten zweimal wöchentlich in der Obdachlosenhilfe der Caritas. Dr. Kärsten stieß schon 1995 zum ehrenamtlichen Pflegeteam, Dr. Hain schloss sich kurz nach ihrem Praxiseintritt 2002 an. "Zunächst hatte ich Berührungsängste", sagt Dr. Kärsten, "aber ich konnte auch nicht nein sagen, als man bei mir anfragte." Sie versorgen hauptsächlich verschmutzte, infizierte Wunden aufgrund von Gefäßschäden durch Alkoholismus, aber auch alle anderen Auswirkungen der Obdachlosigkeit.

Infekte, Verkühlungen, Sturzverletzungen... müssen behandelt werden.
Die Caritas unterhält ein Ärztemobil, das sowohl eine bestimmte Route abfährt – die Obdachlosen erhalten einen Einsatzplan – als auch auf dem Wege Hilfsbedürftige einsammelt, um sie zur Praxis oder der kleinen Krankenstation in der Lehrter Straße zu bringen. "Normale" Krankenhäuser dürfen nur akute Notfälle ambulant versorgen. Kein Nichtversicherter kann eingewiesen werden.

In der Jebensstr.3, am Hinterausgang des Zoos, gibt es die Ambulanz für Wohnungslose. Hier können die Menschen baden, sich im Wartezimmer bei Tee und Kaffee und gelegentlichen Nahrungsmittelspenden aufwärmen und stärken.
"Wir dürfen nur Patienten ohne Versicherungskarte aufnehmen", erklärt Dr. Kärsten. "Aber die Inhaber von Versicherungskarten sind oft zu arm, die Praxisgebühr zu entrichten oder einen Arzneimittelzuschuss zu bezahlen." Obdachlose und Arme sind also die Verlierer der Gesundheitsreform, denn: "Seit der Umstellung kommen nicht mehr bis zu 20 und mehr Patienten täglich, sondern manchmal nur noch vier." Ob sich die anderen noch behandeln lassen? Und wenn nicht?
Es sind hauptsächlich Männer aller Gesellschaftsschichten, die dem System entgleiten. Zwar gibt es auch obdachlose Frauen, doch diese sind zäher, achten besser auf ihre Gesundheit und helfen sich gegenseitig. So bitten die Ärzte besonders um Kleidungsspenden für Männer, von warmer Unterwäsche und Socken über Schuhe Hosen, Pullover, Jacken, Mäntel, Mützen und Decken bis zu Brillen Schlafsäcken, Rucksäcken und Fahrrädern. Auch Hygieneartikel wie Einmalrasierer, Seife, Zahnbürsten und Zahnpasta, Handtücher etc. sind in ihrer Praxis in der Fregestr. 7 willkommen. Außerdem steht im Wartezimmer eine Sammelbüchse der Caritas. Dr. Hain sagt abschließend: "Ich bekomme ein Vielfaches davon zurück, was ich gebe. Die Leute sind so freundlich und dankbar für die Hilfe." Vielleicht arbeiten auch deshalb einige Krankenschwestern und Pfleger hier weiter, statt sich im Rentendasein zu langweilen.

Sanna v. Zedlitz

Die Praxis hat geöffnet:
Mo, Di, Mi, Fr. 9-13 und
Di, Do 15-19 Uhr, Tel.: 8591144
Spendenkonto: Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V.
Geldinstitut: DKM
BLZ: 400 602 65
Kto.-Nr.: 40 80 300
Stichwort: Caritas-Ambulanz

Dezember 2005  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis