Jugendkriminalität - Reaktion und Vorbeugung

Immer wieder ist in der Tagespresse von Jugendlichen zu lesen, welche eine Karriere beginnen, die man nicht mit Erfolg oder Glück umschreiben kann. Die Rede ist von straffällig gewordenen Jugendlichen.
Ihre kriminellen Karrieren enden jedoch weniger im geschlossenen Strafvollzug, als viel mehr mit der Ableistung gemeinnütziger Arbeit oder einem Täter-Opfer-Ausgleich. Gerade diese und ähnliche Erziehungsmaßnahmen haben sich gegenüber den meisten betroffenen Jugendlichen als angebracht erwiesen. In häufigen Fällen ist dem Jugendlichen die Einleitung eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens bereits Warnung genug.
Auch Sozialwissenschaftler vermuten, dass die Begehung von Straftaten im jugendlichen Alter (im Alter zwischen 14 und 21 Jahren) Ausdruck eines Lernprozesses beim Übergang in das Erwachsenenleben ist. Vier von fünf von der Polizei als Tatverdächtige registrierte Jugendliche begehen im Laufe ihres Lebens nur eine, zwei oder maximal drei Straftaten.

Allen Institutionen - von Jugendeinrichtungen bis zu den Gerichten - machen Jugendliche so genannte Intensivtäter zu schaffen. Die offiziellen Statistiken gehen hier in der Tat von einer verfestigten kriminellen Karriere aus. Diese registrierten Jugendlichen machen nur 5% aller tatverdächtigten Jugendlichen aus und sind für zwei Drittel aller Straftaten Jugendlicher verantwortlich.

Es gibt reichlich Erklärungen für die Gründe dieser Jugendkriminalität. Hintergrund für die bei Jugendlichen vorkommenden Eigentums-, Gewalt- und Drogendelikte ist mitunter ihre negative Lebenssituation, die von mangelnden Ausbildungsplätzen, schwierigen familiären und räumlichen Lebensverhältnissen, persönlicher Aussichtslosigkeit und geringen zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln geprägt ist: Während Jugendliche sich sonst Gedanken über den Kauf von üblichen Konsumgütern machen, gibt es einen Anteil Jugendlicher, denen schon der Besitz von einzelnen Zigaretten wichtig ist. Oder: Viele Jugendliche bleiben Abends allein deshalb länger auf, weil sie sich nur den verbilligten Eintritt in die Disco leisten können; auf diese Art verschiebt sich auch ihr täglicher Lebensrhythmus.

In Schöneberg versucht gangway e.V. (Team Schöneberg, Dominicusstr. 41), eine seit über 10 Jahren bestehende und erfolgreiche Einrichtung aus der Straßensozialarbeit, den betroffenen Jugendlichen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben und "ihren Lebenslauf zu sortieren". Die Sozialarbeiter wollen den Jugendlichen Wege zu Erfolgserlebnissen im persönlichen und beruflichen Bereich zeigen und durch ihr Vorbild zu einem - altmodisch ausgedrückt - geordneten und rechtschaffenen Lebenswandel verhelfen. Das kommt bei den Jugendlichen auch an, sagen die Sozialarbeiter von gangway e.V..
Den Jugendlichen wird zugleich deutlich gemacht, dass sie für begangenes Unrecht oder Fehltritte verantwortlich sind und die Konsequenzen zu tragen haben.

Institutionen wie gangway e.V. haben aus der Sicht von Staatsanwaltschaft, Richtern und Strafverteidigern daher eine gewisse, Kriminalität vorbeugende Funktion.

Die Präventionsbeauftragten des Polizeiabschnitts 41 haben sich hingegen speziell die Kriminalitäts-Vorbeugung zur Aufgabe gemacht: Im Rahmen von Veranstaltungen an Schulen etwa wollen sie soziale Werte vermitteln und den Schülern zeigen, dass Gewalt nicht zur Durchsetzung ihrer Ziele dienen kann. (Zur Gewalt an Schulen und der Arbeit der Präventionsbeauftragten in einer der nächsten Ausgaben der Stadtteilzeitung)

Die Mittel der Kriminalitätsprävention haben aber ihre Grenzen dort, wo es um die grundlegende Verbesserung der Lebenssituation sozial benachteiligter Jugendlicher geht. Dies wäre eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Ist das Kind einmal in den Brunnen gefallen und wird nun dem Jugendlichen eine Straftat vorgeworfen, steht ihm das Jugendgerichtsgesetz beiseite, das ihm (und einem Heranwachsenden) gegenüber den Erwachsenen einige Privilegien bietet. Im Vordergrund steht bei allen staatlichen Maßnahmen der Erziehungsgedanke, d.h. alle Maßnahmen müssen einen erzieherischen Sinn haben. Erst als letzte Sanktion soll der - meist wiederholt straffällige - Jugendliche in die Jugendstrafanstalt, in der sich wiederum Erzieher und Sozialarbeiter den jungen Straftätern annehmen.

Dies ist kein überflüssiger Luxus, sondern ist Teil der staatlichen Verantwortung und Angebot an die betroffenen Jugendlichen.

Rechtsanwalt Wolfgang Kotsch

Der Beitrag wird fortgesetzt: "Sogenannte Ausländerkriminalität" , "Gewalt an Schulen"

 

Februar 2005  Stadtteilzeitung Inhaltsverzeichnis

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