"Rhythm is it"  Ein Film von Thomas Grube und Enrique Sánchez Lansch, Deutschland 2004
Gesehen im Cinema am Walther-Schreiber-Platz:

Filmplakat (47094 Byte)"You can change your life in a dance class" - um nichts Geringeres geht es in diesem Projekt, das die Berliner Philharmoniker unter Sir Simon Rattle und der Choreograf Royston Maldoom mit Berliner Schülern und Schülerinnen 2002 auf die Beine gestellt haben: das Leben verändern, Schwung bekommen für etwas Neues, Disziplin aufbringen für ein großes Werk und die eigenen Kräfte in diesem Prozeß kennenlernen. 250 Jugendliche wurden ausgewählt, um Strawinskys "Le Sacre du Printemps" tänzerisch aufzuführen, ausgewählt nicht nach besonderen Begabungen, sondern als Angehörige von Problem- oder Migrantenfamilien. Keinem von ihnen ist vermutlich je zuvor die ungewohnte Musik Strawinskys zu Ohren gekommen, keiner hätte je gedacht, was für eine schwere Arbeit es ist, wenn man etwas wirklich gut machen will. Es geht also um einen Lernprozeß, und der Choreograf Royston Maldoom erweist sich als ein hervorragender Pädagoge. Mit unendlicher Geduld und Beharrlichkeit erklärt er den Jugendlichen immer und immer wieder, worauf es ankommt: aufpassen, konzentrieren, ernstnehmen, was man tut, Verantwortung für sich übernehmen. Royston Maldoom versteht sie und nimmt sie ernst, aber er fordert sie auch und läßt nichts durchgehen, anders als die begleitende Lehrerin, die zu früh um Schonung bittet und damit eher die eigene negative Einstellung der Schüler unterstützt. Trotz aller Strenge gelingt es ihm, die Jugendlichen bei der Stange zu halten und zu motivieren, ihnen Selbstvertrauen zu vermitteln. Wunderbar und anrührend der Moment, als sie zum erstenmal das Gefühl für das gemeinsame Werk bekommen und die Gewißheit, daß sie es schaffen können; daß es nicht nur Spielerei ist, sondern etwas Größeres. Man merkt auch dem Choreografen die Freude an: auf diesen Moment hat er gewartet!

Der Film, der nach diesem Projekt gedreht wurde, ist auch eine Herausforderung für die Zuschauer: alle Gespräche und Dialoge finden in englischer Sprache statt (deutsch untertitelt). Nur am Rande kriegt man mit, daß da auch ein Übersetzer für die Jugendlichen am Werk ist; wichtig ist für sie die Zugewandtheit und Eindringlichkeit, mit der Royston Maldoom mit ihnen spricht. Einige erzählen ihre eigene Geschichte: Marie, die sich damit abgefunden hat, daß sie nicht viel leistet, weil sie zu träge ist; ihre Freundin Lena, die immer mit einem Bein draußen zu stehen scheint; oder Martin, der sich nicht anfassen lassen mag und überhaupt lieber in Ruhe gelassen wird; der junge Nigerianer, für den das Ganze eine Hilfe sein soll, die fremde Kultur, die er zunächst gar nicht zu sehen vermag, kennenzulernen und Kontakt zu den Menschen hier zu bekommen.

Parallel dazu sieht und hört man Simon Rattle mit den Berliner Philharmonikern Strawinskys "Sacre" proben, wie er die Feinheiten der Musik herausholt, wie er die Musiker durch seine Begeisterung mitreißt. Auch er erzählt von seiner Arbeit und dem Projekt mit den Jugendlichen; ebenso Royston Maldoom, der mit viel Einfühlungsvermögen seine Ideen entwickelt, die Schüler an ernsthaftes Arbeiten heranzuführen und ihnen die Freude an ihrer eigenen Leistung zu vermitteln. Die Aufführung in der "Arena" in Treptow, die man mit Genuß und Freude ansieht, zeigt es dann: sie haben Erstaunliches erreicht und haben eine bemerkenswerte Entwicklung gemacht. Marie spricht von Plänen für die Schule, Martin will vielleicht beim Tanz bleiben. Ein schöner und berührender Film. Solche Pädagogen und solche Projekte kann es nicht genug geben!

Sigrid Wiegand

Nächste Termine:
Cinema am Walther-Schreiber-Platz
bis 9.2.2005, Tel.: 852 30 04
Bundesallee 111 / 12161 Berlin

THALIA MOVIE MAGIC
10. bis 23. Februar
Thaliaweg 17a, 12249 Berlin
030-77 434 40

BALI
24. Februar bis 2. März
Teltower Damm 33, 14169 Berlin
030-811 46 78

 

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