Künstler im Kiez:
Luisa Landsberg, Malerin

Die Malerin Luisa Landsberg lebt und arbeitet seit einigen Jahren hier im Kiez in der Fregestraße, eine Auswahl ihrer Arbeiten wird im kommenden Monat gleich an zwei Orten zu sehen sein, einmal in der Gemeinschaftspraxis FeRA auf dem Gelände des Wenckebach-Krankenhauses und dem Bildungs- und Beratungszentrum für Frauen in der Lebensmitte "Raupe und Schmetterling".

Luisa Landsbergs Schaffen umfasst neben der klassischen, figurativen Malerei auch die Bereiche Assemblage und Objekt. In der Malerei widmet sie sich in meist großen Formaten und mit starken Farbakkorden der Darstellung von Frauen, aber auch dem bildnerischen Ausdruck der Beziehung von Mensch und Tier. Damit stellt sie sich einem Thema, das nicht nur die bildende Kunst immer wieder beschäftigt.

Leichte Streifen, 2005, Acryl auf Leinwand, 100x170 cm (48091 Byte)

Das Tier dient nicht nur als Nahrungs- und Bekleidungsquelle, bietet willfährige Arbeitskraft und leidet als Versuchstier an unserer statt, es ist uns auch als Projektionsfläche vielfältiger Wünsche und Sehnsüchte ausgeliefert. Im Tier suchen wir die verlorengegangene Paradiesseite des Lebens, es steht im Einklang mit der Schöpfung, entzieht sich unseren Zurichtungen immer aufs Neue, bleibt in seiner eigenen Sphäre für uns unerreichbar. Den Mangel, das "Nicht-Richtig-Sein" in der Welt, kennt das Tier nicht. Es ist, wie es ist. Die Gestalt der Tiere, ihr Flug und ihr Gang sind selbst in strengster Dressur noch natürlich, nur ihnen selbst zu eigen. Ihre Anmut hat nichts künstliches und gerade das macht sie für die Kunst interessant. Die Kunst sucht in den Tieren das Wahrhaftige darzustellen und wir versuchen in der Kunst die Wahrhaftigkeit zu finden.

Die Neue Zürcher Zeitung lässt derzeit in loser Folge zeitgenössische Autoren zum Thema "Das Tier und wir" zu Wort kommen. Ganz folgerichtig meint Martin Walser dort, dass, könnte einer seiner Hunde schreiben, er dieser Veröffentlichung nicht mit Angst, sondern mit Neugier entgegensähe, denn "Dann werde ich endlich erfahren, wie ich wirke und wer ich eigentlich bin." (1)

An einem sehr berührenden Bild Luisa Landsbergs lassen sich einige dieser Gedanken vielleicht nachvollziehen. Es zeigt eine Frau und ein Pferd vor dunklem Hintergrund. Die Frau blickt uns an, unsicher, zögerlich würde man sagen, begegnete man ihr auf der Straße. Das Pferd hingegen blickt ganz ungerührt weg vom Betrachter in eine Ferne, die unserem Blick verschlossen bleibt.

Frau und Pferd, 2002, Acryl auf Leinwand, 100x120 cm (40589 Byte)

Und noch etwas wird hier angedeutet; die Erscheinung des Pferdes, sein luzide leuchtendes, weißes Fell stellt es in eine Reihe mit den Fabelwesen, die seit jeher die Menschen fasziniert haben, den Einhörnern. Es verweist auf Poesie und Dichtung, die Frau hingegen ist ganz der Realität verhaftet, trägt ein profanes T-Shirt und, wie um die Nähe zum Tier zu legitimieren, einen Hut, der an einen Reithelm erinnert. Bei der Betrachtung wird mit einem Male klar, dass es hier nicht das Tier ist, sondern der Mensch, der unseres Mitgefühls bedarf, ein Mensch, der sich so vielen Zwängen ausgesetzt sieht. Und dies ist auch die Sprache, die viele der Bilder Luisa Landsbergs sprechen. Ihre Porträts sind von einer tiefen Menschlichkeit getragen, die uns auch in unserer Unzulänglichkeit zeigen, ohne bloßzustellen.

Orte und Termine:

Raupe und Schmetterling -
Frauen in der Lebensmitte e.V.
Pariser Straße 3, 10719 Berlin
Tel.: 889 22 6-0
www.raupeundschmetterling.de
Vernissage: 13.02.05 um 17:00 Uhr
Dauer der Ausstellung:
13.02.05 bis 20.03.05
Besichtigung nach tel. Anmeldung
(gezeigt werden u.a. Frauenbildnisse, Objekte und Assemblagen)

FeRA - Gemeinschaftspraxis im Wenckebach-Krankenhaus
Wenckebachstr. 23, 12099 Berlin
Tel.: 76007011, www.fera-berlin.de
Dauer der Ausstellung:
Bis Sommer 2005
(gezeigt werden u.a. Arbeiten zum Thema "Mensch und Tier" sowie Assemblagen)

(1) Martin Walser:
Das Hundemögliche oder
Die Entstehung der Zukunft,
in NZZ, 8./9. Januar 2005, Nr.6, S.46

© Doris Kollmann

 

Februar 2005  Stadtteilzeitung Inhaltsverzeichnis

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