Die Zeitzeugin
Frau Knöttke und das Zeitgeschehen

Neulich wolltense meine Mutter als Zeitzeugin vernehmen, sie wär´doch ein Kriegskind gewesen und hätte viel Schlimmes erlebt. Sie hat gleich abgewinkt: "Nee, nee, laß man jut sein, ick hab euch janischt zu bieten - ick war weder heimatvertrieben noch ausjebombt und hab ooch keene Toten gesehen. Im Luftschutzkeller hab ick meistens geschlafen, und verjewaltigt bin ick ooch nich worden. Sowat wollt ihr doch hören. Ick könnte euch höchstens von dem duften Sommer am Frischen Haff erzählen, bevor wir aus Ostpreußen weg und wieder nach Berlin zurückgekommen sind. Aber dit interessiert ja keenen, da heißt es doch höchstens, ick vergolde miene Jugend und so weiter, also wat soll´s. Dit is mir alles viel zu einseitig, wat da jetzt so abjezogen wird. Aber eins sag ick euch: dit ihr uns neuerdings andauernd unter die Nase reibt, dit wir bald sterben, finde ick überhaupt nich komisch, darüber solltet ihr mal nachdenken!" - Hat se eigentlich recht, oder? fragt Eure
Elfriede Knöttke

Juni 2005  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis

Für Besucher aus der Kiezbox: ZURÜCK ZUR KIEZBOX