Neues Stück im Kleinen Theater am
Südwestkorso 
Zwei Männer arbeiten sich an Udo Jürgens ab, Fans beide
auf ihre Art: schwärmerisch-liebend der eine, mit aller Einfalt, die eine solche Haltung
voraussetzt, enttäuscht-verbittert der andere ("Luft bin ich für ihn, Luft,
Luft!") und doch beide ihren Helden in sich tragend. Udo Jürgens als Lebensinhalt.
Umgibt sich der Liebende mit (geklauten) Utensilien des Stars, an denen angeblich noch
dessen Duft haftet, sammelt der Verbitterte mit Hilfe des weißen Flügels, des
"Schimmels", den er auf fast dämonische Weise umfunktioniert hat und
eifersüchtig hütet, dessen Fehler und betreibt damit den Abbau des Gehaßt-Geliebten.
Auf nächtlicher Bühne treten sie gegeneinander an und suchen sich gegenseitig mit
Bewunderung und Schmähungen zu übertreffen. Beide kennen sie die Lieder ihres Idols aus
Jahrzehnten in- und auswendig, der eine als langjährier Begleiter, der andere als treuer
Kenner und Besucher seiner Konzerte. Viele der bekannten Melodien, die einem im Laufe der
Jahrzehnte immer mal wieder untergekommen sind (irgendwann spielte "17 Jahr, blondes
Haar", "Es wird Nacht, Señorita" und-und-und doch in jedermanns und
jederfrau Leben mal eine Rolle) rauschen noch einmal an uns vorbei, gekonnt vorgetragen
vom Fandarsteller Stephan Bürgi, der neben seinem Gesangstalent auch eine gewisse
Ähnlichkeit mit Udo Jürgens zu bieten hat, und Volker Schindel, dem Klavierspieler und
-bastler.
Es bleibt nicht aus, daß die Bewunderer die Hohlheit und Banalität der Texte erkennen
und sich von ihrer Faszination befreien: Udo ist passé, wir übernehmen jetzt seine
Rolle! Ein Idol wird aufgebaut und entzaubert. Beide Protagonisten führen überzeugend
die Wandlung vom liebend bzw. enttäuscht Anbetenden zum selbständig Handelnden vor.
Animiert und an alte Zeiten erinnert, spendet das Publikum reichlich Beifall. Nicht
umsonst wurde ein "Sehnsuchtsabend" versprochen!
Sigrid Wiegand
Kleines Theater Berlin
Südwestkors0 64
(S+U Bundesplatz)
info@kleines-theater.de
Weitere Vorstellungen: 9./10./24./25. Juni, jeweils 20 Uhr
Juni 2005 Stadtteilzeitung
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