"Wir waren Nachbarn - 92 Biografien jüdischer Zeitzeugen"
Überwältigende Resonanz auf die Ausstellung

 
Mit großem Erfolg läuft seit über einem Monat die Ausstellung "Wir waren Nachbarn - 92 Biografien jüdischer Zeitzeugen" im Rathaus Schöneberg. Die Ausstellungshalle des Rathauses ist zu einer Art Bibliothek umgestaltet worden. Die Atmosphäre lädt zum Verweilen und Lesen ein; das bläuliche Licht von oben und die warmen Leselampen in der Tischmitte ermöglichen eine intensive Auseinandersetzung mit den erzählten Geschichten, die in Form von Familienbüchern ausliegen. Der Interview-Film "Geteilte Erinnerungen", der in einer Raum-in-Raum-Installation zu sehen ist, lässt jüdische und nichtjüdische Zeitzeugen aus Schöneberg mit ihren Erinnerungen zu Wort kommen.

Die Ausstellung basiert auf einem über zwanzig Jahre alten Forschungs- und Erinnerungsprozess des Kunstamts Schöneberg. In dieser Zeit wurden die Dokumente, Bilder und Lebensgeschichten der ehemaligen jüdischen Schönebergerinnen und Schöneberger gesammelt, die jetzt den Großteil der Ausstellung ausmachen - die nun mit den Ergebnissen von Forschungen zu jüdischen Familien aus Tempelhof ergänzt wurde.
"Wir waren Nachbarn" wurde am 27. Januar mit einer feierlichen Gedenkstunde anlässlich des sechzigsten Jahrestages der Befreiung von Auschwitz eröffnet. Unter den Rednern war besonders der Auftritt der Zeitzeugin Ester Golan bewegend, die auch mit einem Familienalbum in der Ausstellung vertreten ist. Sie und zwei weitere Zeitzeuginnen waren extra zur Eröffnung und dem anschließenden Zeitzeugenprogramm in Berliner Schulen aus Israel und Russland angereist. "Mit dieser Ausstellung ‚Wir waren Nachbarn' geht es um die Wiederherstellung der Würde der ehemaligen jüdischen Nachbarn in Schöneberg", sagte Ester Golan zu den gut 500 Besuchern der Eröffnung. Sie betonte auch die Wichtigkeit der Verständigung für die Zukunft: "Wir, die einstmaligen Nachbarn, sind die gegenwärtigen Nachbarn, sind heute hier, um gemeinsam mit euch die Brücke in die Zukunft zu bauen, wo Nachbarn sich als Nachbarn in Würde begegnen können."

Die bisherige Resonanz auf die Ausstellung war überwältigend: Bis Mitte Februar kamen bereits über 1300 Menschen in die Ausstellung. Auch die Veranstaltungen des Rahmenprogramms waren gut besucht. Besonders die Lesungen von Ester Golan und Rahel Mann, die ihre Geschichte und ihr Über-Leben reflektierten, sorgten für lebhafte Nachgespräche.
Die Ausstellung ist noch bis zum 3. April Di.-So. von 10-18 Uhr in der Ausstellungshalle im Rathaus Schöneberg zu sehen. Im Rahmenprogramm finden im März folgende Veranstaltungen statt:

Mo., 14.03., 19 Uhr Rathaus Schöneberg, Alt-Schöneberger Saal, Podiumsdiskussion "Geschichtsbilder und Toleranz - Der Beitrag der dezentralen und zentralen Erinnerungsorte zur Geschichtskultur"

Annegret Nill

März 2005  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis                         

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