Die Dolmetscherin
Gesehen im CINEMA am Walther-Schreiber-Platz

(The Interpreter) USA 2005, Regie Sydney Pollack
Darsteller u.a. Nicole Kidman und Sean Penn

DVD-CoverAls ich aus dem Cinema am Walther-Schreiber-Platz komme, merke ich, dass es viel einfacher ist, über einen Film zu berichten, der einem gefallen hat. Vor allem, wenn der eben Gesehene wiederum nicht so grottenschlecht ist, dass es eine Lust wäre, ihn zu verhackstücken. Wie beschreibe ich also einen Film, der einerseits spannend ist, gut fotografiert, gut gespielt, aber doch zunehmend nervt?

Eigentlich sind es ja zwei Filme: einmal der Politthriller mit UNO und afrikanischem Staat samt Diktator und Rebellenführern, dazwischen unsere Dolmetscherin, die dunkle Geheimnisse zu erfahren scheint und, als sie sie weitermeldet, zwischen alle Fronten gerät – die Geheimdienste, die sich natürlich gegenseitig im Wege sind, die verschiedenen Bodyguards, und diverse Verfolger, von denen man nicht weiß, ob sie sie beschützen oder ihr an den Kragen wollen.

Keiner scheint zu sein, was er vorgibt. Eindeutig sind lediglich die Dolmetscherin, unglaubwürdig überidealisiert angelegt, die mit hehren Ansichten nicht spart (gespielt von Nicole Kidman), und Sean Penn als Secret Service-Mann, der ihr zwar zunächst nicht traut, sich dann aber doch in sie verliebt. Und da wären wir dann bei der Liebesgeschichte. Die gehört zwar auch in jeden guten Thriller, nimmt aber hier einen so breiten, sentimentalen Raum ein (samt tragischen Familiengeschichten auf beiden Seiten), dass sie den Film zu dominieren beginnt. Gerade kaue ich vor Spannung an den Nägeln, beginnt Nicole Kidman schon wieder von Friede auf Erden zu reden.

Das Ganze schön ästhetisch fotografiert und mit elektronischem Farbumwandler gestylt, so dass auch noch die Dinge ein Eigenleben zu führen scheinen. Von allem also etwas zuviel. Und das nimmt kein Ende: noch eine Verwicklung, ein neuer Bösewicht, mit dem man nicht gerechnet hat, eine überraschende Wendung, die das Ganze unnötig in die Länge zieht und etwas Ungeduld und Langeweile aufkommen läßt. Wie oft in Hollywoodfilmen, die Dialoge reines Papier und abgehobenglatt. (Daß die Synchonisierung Wendungen wie das unselige "in keinster Weise" produziert, spricht auch nicht eben für ihre Qualität).

Im letzten Moment wird die Gefahr, wie es sich gehört, beseitigt; die Liebenden kriegen sich aber doch nicht (hier ist Sean Penn aber ein recht netter Verlierer mit Knautschgesicht und Hundeblick...) Vielleicht später. Ich bin jedenfalls froh, dass ich endlich gehen kann.

Sigrid Wiegand

Oktober 2005  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis