Die Yorckbrücken
Kulturdenkmal soll abgerissen werden

Yorkbruecken, Foto: Thomas Protz

Die Yorckbrücken sind in Berlin bekannter als alle andern Brücken, da sie eine Neuentwicklung von schmiedeeisernen Brücken für die Eisenbahn waren.

Verschwenkung des "Generalszugs"
Peter Joseph Lenné hatte in seinem nach den Absichten des Königs Friedrich Wilhelm IV aufgestellten Bebauungsplan 1840 für die Gebiete außerhalb der Stadt (-mauer, die an der heutigen Stresemann-, Gitschiner- und Skalitzer Straße stand) eine Gürtelstraße mit Achsen und Plätzen entworfen, der "Generalszug", der nach Generälen der Preußischen Armee benannt wurde: von der Hardenbergstraße über Tauentzien-, Kleist-, Bülow-, (Horn-) schließlich bis zur Yorck- und Gneisenaustraße. Geschichtliche Quellen weisen nach, dass im Hobrechtplan von 1860 wegen der aktuellen Entwicklung der noch privaten Eisenbahnen für die Anlage eines entsprechend langen Güterbahnhofsgeländes südlich des Landwehrkanals dieser Straßenzug bis zur Höhe der Hagelberger Straße verschwenkt werden musste. Obwohl der Hobrechtplan die Generalsachse mit einem "Wahlstattplatz" in der Mitte der heutigen beiden ehemaligen Güterbahnhöfe vorgesehen hatte, war durch die bereits realisierten Eisenbahngleise 1838 die ursprüngliche Planung durchkreuzt. Die Anhalterbahn mit dem ersten Gebäude des Anhalter Bahnhofs wurde 1841 eröffnet. Die Feststellung eines Bebauungsplans erfolgte erst durch Kabinettsorder vom 18. Mai 1861. Die Verschwenkung in die heutige Lage war wegen der damaligen Grundwasserverhältnisse nötig, um die Gürtelstraße mit 4,4m erforderlicher Lichthöhe überhaupt unter den Gleisen durchführen zu können. Die Breite der Gürtelstraße wurde im Bereich der Unterführung unter den Bahnen auf Wunsch des Berliner Magistrats, dem die Herstellung der Straße oblag, von 56 m auf 26,4 m (7 Ruthen) eingeschränkt. Am 16. Oktober 1868 wurde durch Kabinettsorder endgültig über die Verschwenkung der Yorckstraße entschieden und zugleich die Bauausführung für den Neubau des (zweiten) Potsdamer Bahnhofs genehmigt. Gebaut wurde die verschwenkte Yorckstraße mit den notwendigen Eisenbahnbrücken aber erst 1881.

Aufschüttung des Geländes
Alle Rangierbewegungen auf den beiden Bahnhöfen nördlich des Landwehrgrabens sperrten den lebhaften Straßenverkehr am Tempelhofer Ufer, um so mehr, als 1857 und 1858 südlich des Kanals noch besondere Reservegleise angelegt wurden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatte der Eisenbahnverkehr so zugenommen, dass der Verkehr auf Straßen an Bahnüberquerungen häufig gestoppt werden mußte. Dies war von Anfang an hinderlich und sollte bei der Anlage eines Güterbahnhofs südlich des Landwehrkanals ausgeschlossen werden, da bei dichterem Verkehr der Straßenverkehr nach Berechnungen alle 4 Minuten unterbrochen werden müsste, um Unfälle zu vermeiden wurden. Um dieser Problematik aus dem Wege zu gehen, sollten die Schienen auf einem eigenen Niveau angelegt werden.

Immer wieder kam es zu Verzögerungen beim Schiffsverkehr auf dem Landwehrkanal bzw. zu Unfällen mit Pferdefuhrwerken, weil einmal in Gang gesetzte Züge nicht abrupt bremsen konnten. Deshalb sannen die Planer auf eine dauerhafte Abhilfe. Der Unfall am Landwehrkanal beschleunigte die Planung, bei dem eine Lokomotive wegen einer für den freien Schiffsverkehr weggedrehten Drehbrücke nicht mehr bremsen konnte und in den Landwehrkanal stürzte. Diese Unzulänglichkeiten legten damals schon einen vollständigen Umbau des (Anhalter) Bahnhofs nahe.

Verstaatlichung der Eisenbahnen
Die Verhandlungen wegen der Verstaatlichung des Unternehmens führten zum Vertrag vom 24. Dezember 1879; infolge dessen erfolgte die Verwaltung und der Betrieb vom 1. Januar 1879 an auf Rechnung des Staates. Das ganze Unternehmen ging auf Grund des Gesetzes vom 14. Februar 1880 am 1. April 1880 in die Hände des Staates über. Die Verwaltung wurde durch Königlichen Erlass vom 25. Februar 1880 der Eisenbahndirektion zu Magdeburg, die Betriebsanleitung dem unter diesen stehenden Betriebsamte Berlin übertragen. Auf Grund des Vertrages vom 8. März und des Gesetzes vom 13. Mai 1882 gingen Betrieb und Verwaltung der Anhalter Bahn an den Staat über.

Die somit staatliche Bahngesellschaft (die Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahngesellschaft und die Berlin Anhaltische Eisenbahn) ließ deshalb das Gelände Anfang der 1880er Jahre 3,5 m hoch aufschütten und die schmiedeeisernen Brücken von 26,4 m Länge mit den prägnanten Stützen über die verschwenkte Yorckstraße in die heutige Straßenführung bauen.

Das Brückenensemble
Damit wurden die gusseisernen Stützen und schmiedeeisernen Brückenkonstruktionen für die Bahnüberführung über die Yorckstraße notwendig, die heute das Brückenensemble bilden. Schon im Zuge der Neuplanung der Langenscheidtbrücke 1981 befaßte sich die Bürgerinitiative Westtangente mit den Brückenensembles Yorckstraße (1883), Langenscheidtbrücke (1890) und Prellerweg-Bahnbrücken (1928). Aus der Eisenbahngeschichte gehören diese Brücken zusammen, auch wenn sie nicht gleichzeitig entstanden sind.

Von den schließlich 33 Eisenbahnbrücken über die Yorckstraße sind etwa ein Dutzend entfernt, ein Teil durch neue Konstruktionen ersetzt worden. Die Brücken wie auch die Pfeiler ("Hartung'sche Säulen") laut Denkmalverzeichnis von u.a. Franz Schwechten (Architekt) und Heinrich Seidel (Stahlkonstruktion) stehen unter Denkmalschutz.

Ornament an Brückensäule, Foto: Thomas Protz
Ihre Schäfte wurden dekorativ gestaltet.   Zum Schutz vor Autounfällen wurde der untere Meter mit Beton ummantelt. Trotzdem schaffte es vor wenigen Wochen eine junge Frau mit ihrem Pkw, einen dieser Pfeiler aus seinem Auflager 20 cm zu verschieben, als sie nach ihrem Handy suchte – selbstverständlich mit überhöhter Geschwindigkeit.

Leider versteht die Deutsche Bahn AG als Eigentümerin dieses Brückenensembles nicht dasselbe unter Denkmalschutz wie der zuständige Bezirk Tempelhof-Schöneberg und das Landesdenkmalamt (LDA). Der dortige Mitarbeiter bemüht sich immer wieder um Gespräche mit Verantwortlichen der Bahn AG und versucht diesen klar zu machen, dass bei Bedarf jederzeit mit ihm zu reden sei. Doch die Bahn entfernte im Jahr 2003 eine schmiedeeiserne, genietete Brücke, um die Stahlbrücken für die neuen Fernbahngleise an deren Stelle zu platzieren. Wo die Brücke geblieben ist, weiß dieser Mitarbeiter des LDAs nicht. Zu vermuten bzw. zu befürchten ist, dass sie ganz einfach verschrottet wurde.

Norbert Rheinlaender
AG Gleisdreieck

Oktober 2005  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis