Orte und Plätze in Schöneberg/Steglitz

Botanische Entdeckungen
Sehnsucht nach Leucojum vernum (=Märzbecher) und Crocus albiflorus (=Frühlingskrokus)

Stellen Sie sich bunte, duftende Blütenmeere vor und eine milde Lufttemperatur. Die Sonne scheint ... – bis zum Redaktionsschluss für diese Ausgabe ist dies nur ein Traum. Laut hundertjährigem Kalender kann selbst der April noch rau und kalt werden. Aber in diesem Zeitraum feiern wir Ostern! Eine gute Möglichkeit, den Frühlingsspaziergang mit Aufwärmstationen zu verbinden, ist ein Besuch des Botanischen Gartens einschließlich Museum.
Sie genießen dabei ein Vergnügen, das früher nur den besseren Kreisen vorbehalten war. Der Lustgarten vor dem Berliner Schloss ist als erster Botanischer Garten Berlins anzusehen. Hier wurden die ersten Kartoffeln in Preußen angebaut, bevor sie sich als taugliches Volksnahrungsmittel erwiesen. Für Pflanzen aus wärmeren Ländern wurde ein sogenanntes Pomeranzenhaus errichtet.
Als der Platz nicht mehr reichte, beschloss der Große Kurfürst 1679 nach Schöneberg auszuweichen: Auf dem Gelände des heutigen Kleistparks entstand ein Hof- und Küchengarten. Der bekannteste Verwalter war Adalbert von Chamisso, der mehr für seine Balladen als für botanische Künste berühmt wurde. Das Königliche Botanische Museum befand sich Ende des 19. Jahrhunderts dort, wo heute das Haus am Kleistpark steht.

Das Gelände war Ende des 19. Jahrhunderts als Bauland für die wachsende Großstadt Berlin interessant, so wurde – Pflanzen wachsen nun mal nicht so schnell! – zwischen 1897 und 1909 ein neuer Garten in Dahlem angelegt. Unter der Leitung des Garten- und Museumsdirektors Adolf Engler entstand die Anlage, wie wir sie vom Grundkonzept her noch heute kennen. An den höchsten Punkten, den Ausläufern des Fichtenbergs, wurden die Gewächshäuser errichtet. 15 Stück sind es heute insgesamt. Prunkstück ist das ca. 100 Jahre alte Tropenhaus. Bei einer Höhe von 28 m können sich Pflanzen aus warmen Gefilden im Inneren des Hauses voll entfalten und vermitteln Urlaubsatmosphäre (Wer meckert da, dass es im Tropenhaus keine Bademöglichkeit gibt?)

Auch im Garten lässt sich eine kleine Weltreise nachvollziehen: Vegetationsbeispiele von den Alpen bis nach Japan machen einen Rundgang abwechslungsreich. Eine andere Art, Pflanzenvielfalt zu präsentieren, ist die Systemabteilung, wo Gattungen und Familien zusammengefasst werden. Schon Aristoteles hat sich mit der Frage beschäftigt, wie Pflanzen nach einem übergeordneten Prinzip klassifiziert werden können. Im Arboretum, dem Baumgarten, sind verschiedene Beispiele zu sehen.
Und wer jetzt ganz die wissenschaftliche Seite kennen lernen will, sollte ins Botanische Museum gehen, wo die erst seit einigen Wochen nach umfangreichen Arbeiten wiedereröffnete Ausstellung in der ersten Etage die Sammlung zu den Themen Algen, Pilze und Flechten sogar altägyptische Pflanzen zeigt. Bei der Modernisierung wollte man das verstaubte Image ablegen und setzt nun auf Multimediaeinsatz, aber auch auf die sinnliche Erfahrungsmöglichkeit des Besuchers durch eigenes Entdecken, Ertasten und Erriechen der Proben. Möglich wurde die Umsetzung in Zeiten leerer Kassen nur durch die Mittel aus dem Nachlass von Frau Prof. Dr. Eva Potztal, der ehemaligen Direktorin des Botanischen Museums und durch die Unterstützung des Fördererkreises der naturwissenschaftlichen Museen e. V.

Aber zurück ins Freie. Zahlreiche Veranstaltungen ergänzen das Angebot des Gartens und Museums, hier eine kleine Auswahl:

- Am 2.4.2006 findet ganztägig der Staudenmarkt auf dem Gärtnerhof statt. Ca. 100 Anbieter verkaufen Frühlingsstauden für Ihren Garten.
- Die Kunstausstellung "florales frisch geschlüpft" zeigt Installationen von Sabine Fassl im Farnhaus an den Osterfeiertagen
- Salbei + Dornenkrone - Pflanzen der Passion Jesu werden am Karfreitag vom Veranstalter "Evas Arche" erklärt
- Am 13. Mai findet die Lange Nacht der Wissenschaft statt, die unter dem Motto "Faszination Pflanze" steht.

So, wie komme ich dorthin?
Der Botanische Garten verfügt über zwei Eingänge: Unter den Eichen 5-10 (Bus 148) und am Königin-Luise-Platz (Bus 101 oder X83), Öffnungszeiten: 9- 20 Uhr
Das Botanische Museum liegt in der Königin-Luise-Straße 6-8 (Bus 101 oder X83), Öffnungszeiten: 10-18 Uhr
Wollen Sie beide Einrichtungen besuchen, kostet der Eintritt 5 Euro, ermäßigt 2,50 Euro, das Museum allein 2 Euro / 1 Euro.

Nähere Details, auch den Veranstaltungskalender, können Sie unter www.botanischer-garten-berlin.de abfragen.
Ich wünsche allen Lesern ein schönes Osterfest mit Feiertagen, die Ihrer Erwartung entsprechen!

Marina Naujoks
Fotos: Archiv Heimatverein Steglitz e.V.

April 2006  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis