Yorckbrücken

Abriß hat schon begonnen!

Am Donnerstag, dem 2. März 06, wollte sich die Deutsche Bahn mit einer Pressekonferenz zu den Baumfällungen am Tempodromwald auf dem Gelände des ehemaligen Anhalter Personenbahnhofs in Kreuzberg als seriös präsentieren. Sie bot den Journalisten die Darstellung ihrer Sichtweise, daß die Bäume dieser Waldfläche z.T. gerodet werden mussten.

Aber nicht nur hier fallen "Späne": an der westlichsten Brücke über der Yorckstraße (der historisch wertvollen Potsdamer Stammbahn) sind die Brückengeländer brutal mit Schweißbrennern entfernt worden. Die Potsdamer Stammbahn ist die älteste Bahnlinie Preussens (Eröffnung 1838). Die westlichste Brücke (gebaut um 1880) bildet die Einfahrt in das Brückenensemble von der Goebenstraße in die Yorckstraße Richtung Kreuzberg.

Diese schmückenden Bahngeländer waren der krönende Abschluß der einem Tor ähnlichen Einfahrtansicht von der Goebenstraße aus.
"Der in seiner ursprünglichen Form erhaltene westliche Brückenabschluss wird durch das Brückengitter hervorgehoben. Seine Ausbildung durch Geländerstäbe mit krönenden Muscheln, Tragstäben und Pinienzapfen und geschwungenen Stabhaltern ist innerhalb der Brückenanlage einmalig. Die genieteten Brückenträger und die Buckelbleche zwischen den Trägern sind ebenfalls noch als ursprüngliche Konstruktionsteile vorhanden. Demgegenüber sind die nach dem Entwurf des Eisenbahningenieurs E. H. Hartwich als kannelierte Säulen ausgeführten Pendelstützen nicht mehr vollständig erhalten, der obere Teil der Kapitelle ist beseitigt. Dies gilt auch für die sechs anschließenden Brücken der S-Bahn und der ehemaligen Potsdamer Eisenbahn. Die Brüstungsgitter sind durch einfache und schmucklose Formen ersetzt." (Auszug aus dem Aufsatz von Manfred Hecker im Buch: Verloren - gefährdet - geschützt, Baudenkmale in Berlin; Katalog zur Ausstellung im ehem. Arbeitsschutzmuseum Berlin-Charlottenburg vom 7. Dez. 1988 bis 5. März 1989. Hrsg. von Norbert Huse im Auftrag des Senators für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Argon Verlag GmbH Berlin ISBN 3 - 870 24 - 131 - 4)

Die Yorckbrücken stehen seit 1995 unter Denkmalschutz. Auf Nachfrage wurde klar, dass beim Landesdenkmalamt die Entfernung der Brückengeländer nicht bekannt, also mit dieser Behörde auch nicht abgesprochen war. Bei der Deutschen Bahn wurden die Arbeiten nicht dementiert, aber versichert, dass die Brückengeländer an unbekanntem Ort eingelagert seien.

Die Bahn möchte wegen der Verkehrssicherungs- und Instandhaltungspflicht sich dieser historisch bedeutsamen Brücken entledigen, um beim derzeitig hohen Schrottpreis die Abrisskosten decken zu können.

Das Brückenensemble ist bundesweit einmalig, da hier auf 600 m Länge der Yorckstraße der Bahnbrückenbau über 125 Jahre mit 30 Stahlbrücken sehr unterschiedlicher Techniken und Konstruktionsweisen versammelt sind. Deshalb fordert die AG Gleisdreieck, diese als Open-Air-Brückenmuseum für einen symbolischen Euro in Landesbesitz zu überführen und dem Deutschen Technikmuseum Berlin zu überantworten, die diese durch Informationstafeln dokumentarisch aufbereiten soll.

Die AG Gleisdreieck fordert:

  • sofortiger Stopp aller Abrissarbeiten!
  • Erhalt aller von der Bahn nicht mehr benötigten Brücken als Parkverbindungen vom geplanten Gleisdreieck-Park zum Flaschenhalsgelände südlich der Yorckstraße für Fußgänger, Flora und Fauna!
  • Kein weiteres eigenmächtiges Handeln der Bahn!
  • Einbindung des Landesdenkmalamtes in alle Vor-Ort-Maßnahmen!
  • Einhaltung des ausgehandelten Moratoriums mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung!

Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck
Norbert Rheinländer
www.berlin-gleisdreieck.de

April 2006  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis