Gewerbe im Kiez: Antstore
Krabbeln erwünscht

Von den meisten Menschen werden sie nicht mal wahrgenommen, andere empfinden sie allenfalls als störend. Aber es gibt eine weltweit wachsende Gemeinde, die von ihrem Gemeinschaftsleben, ihrer Arbeitswelt und – ja man kann sagen- Staatsform – fasziniert ist. Diese Fans begnügen sich nicht damit, die Objekte ihres Interesses in Wald und Flur zu beobachten, sie holen sie sich nach Hause. Die Rede ist von Ameisen. Erfasst sind global ca. 12.500 Arten, geschätzt wird die Vielfalt auf ca. 16.000, es gibt also noch viel zu entdecken. Von unserer heimischen Waldameise (die dem Artenschutz unterliegt) bis zu den exotischen Verwandten vom Amazonas - die Auswahl der Völkchen, die man zu Hause beobachten und studieren kann, ist vielfältig.

Informieren über diese interessanten und lehrreichen "Haustiere" kann man sich bei Martin Sebesta, Inhaber des "Antstore" in der Steglitzer Klingsorstraße. Und bei ihm gibt es auch die Erstausstattung für eine Ameisenfarm, ebenso wie Zubehör zur Erweiterung der Kolonien. Bei 8 Euro fängt es an, für Liebhaber von Exoten wird es dann schon erheblich teurer.
Bereits als Kind war Martin Sebesta von den Krabbeltieren fasziniert und entwickelte ein fast schon wissenschaftliches Interesse für Ameisen. Er siedelte sie in Formicarien (das sind eine Art Aquarien ohne Wasser) an und studierte ihre Lebensform. Vor sechs Jahren begann er, seine Studien und Fotos ins Internet zu stellen - und stieß auf weltweite Resonanz. Aus dem Hobby entwickelte sich ein Beruf und Geschäft. Bis vor zwei Jahren war er noch der einzige, der an Interessenten Kolonien und Zubehör samt Anleitung verschickte.

Und so sieht das Ganze nun praktisch aus: Für "Anfänger" empfiehlt Martin Sebesta eine Königin der schwarzen Wegameise mit Brut und Arbeiterinnen. Dieser Grundstock einer Kolonie wird in einem Glasröhrchen geliefert. Bei dem neuen Haustierhalter werden die Tierchen dann in eine Ameisenfarm, eben das mit Tonkügelchen oder einer Sand/Lehmmischung befüllte Formicarium umgesiedelt, das heißt, den Umzug besorgen sie eigentlich selber, sie richten ihre Lebens- und Arbeitsräume umsichtig und planvoll ein. Ameisen verfügen über ein ausgeprägtes Gesellschaftssystem und üben diverse "Berufe" aus: Handwerker, Bauern, Spediteure usw.. Die Abfallbeseitigung ist genauestens geregelt, die "Wohnungen" werden regelmäßig gesäubert, der Müll getrennt gelagert, und der kann dann von dem "Haustierhalter" leicht entsorgt werden.

Im Gegensatz zu z.B. ihren südamerikanischen Artgenossen halten die europäischen Ameisen von Oktober bis März Winterschlaf (ich finde, davon können wir noch lernen). Die anderen "ackern" das ganze Jahr, im wahrsten Sinne des Wortes: wie z.B. die Blattschneideameisen. Sie nagen (wenn in unseren Gefilden gehalten) vorwiegend Brombeer- und Himbeerblätter klein, lagern sie in getrennten "Räumen", und der Kompost bildet die Grundlage für das Gedeihen einer bestimmten Pilzart, von der sie sich dann ernähren. Ein ausgefeiltes System und nur eins von vielen, das Ameisenvölker entwickelt haben. Spannend und zugleich entspannend für den Beobachter.

Zur Beschaffung seiner exotischen Ameisen ist Martin Sebesta in aller Welt unterwegs, bevorzugt immer auch wieder im Amazonasgebiet. Er beobachtet, sammelt und verhandelt mit Behörden über die Ausfuhrgenehmigungen.

Eine Attraktion im "Antstore" ist ein "freilaufendes" Ameisenvolk: Es tummelt sich auf einer großen Zimmerpflanze, ein Wassergraben verhindert, dass sich die Tierchen über den gesamten Raum verteilen. Auch diese Form der Ameisenhaltung ist ganz normal zu Hause möglich, erfordert aber vielleicht etwas mehr Aufmerksamkeit. Martin Sebesta füttert sie ab und zu mit kleinen Leckerbissen.

Rita Maikowski

Antstore
Klingsorstr. 63, 12167 Berlin
Tel. 766 870 51
www.antstore.net

April 2006  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis