Eine Wiederbegegnung im Haus am Kleistpark | ||||
Rote Wände für Paul Zech
Er war ein moderner Mensch. Lebte er hier
und heute, hätte er genügend Stoff für die Klatschspalten geliefert. 1918 erhielt er auf Vorschlag von Heinrich
Mann für sein lyrisches Werk den renommierten Kleist-Preis. Bis Mitte der
zwanziger Jahre gehörte er zur literarischen Prominenz der Hauptstadt. Genauso plausibel ist das dichterische Schaffen Paul Zechs überliefert. Es umfasst an die 80 Gedichtbücher, zahlreiche Erzählungen, Romane, literarische Abhandlungen und Schauspiele, sowie übersetzte Nachdichtungen französischer Autoren wie François Villon, Honore de Balzac, Stéphane Mallarmé, Paul Verlaine, Arthur Rimbaud und Léon Deubel. Er publizierte seine Werke bei namhaften Verlagen wie Ernst Rowohlt, Kurt Wolff oder Hoffmann & Campe. Erwin Piscator schrieb 1926 mit seiner Inszenierung von Zechs szenischer Ballade "Das trunkene Schiff" an der Berliner Volksbühne ein Stück Theatergeschichte. Anlässlich des 125. Geburtstages von Paul Zech widmet sich nun eine Ausstellung im HAUS am KLEISTPARK den Lebensstationen und dem literarischen Schaffen des Autors. Die Architektur der Ausstellungsräume verhilft dem Besucher zu einem schnellen Durchblick - eine Literaturausstellung, die nicht zutextet, sondern die Neugierde weckt mit wenigen Handschriften, Büchern, Briefen, zeitgenössischen Kunstwerken und vor allem Fotos, Ton- und Filmdokumenten, so z.B. Ausschnitte aus dem Stück "Das trunkene Schiff", das Frank Castorf 1988 an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz inszeniert hatte. Der Besucher lustwandelt durch fünf Räume, die im kräftigen Rot und Grün gestaltet sind. Auf einzelnen Tischen liegen unter Glas ausgewählte Texte, davor stehen Stühle. Natürlich - im Sitzen liest es sich am besten, ebenso hört es sich am angenehmsten im Sitzen. So werden aus fünf Minuten ganz schnell fünfzig. Und es können noch mal 45 Minuten werden, wenn man sich den Dokumentarfilm "Zech – Aufzeichnungen eines Emigranten" ansieht, in dem das Schicksal Zechs auf der Grundlage seines zum Teil autobiographischen Romans nachgezeichnet wird. Mit 65 Jahren starb Paul Zech in Buenos Aires. Ein Vierteljahr-hundert verblieb die Urne in Argentinien, bis sie 1970 auf dem Friedhof in der Stubenrauchstraße in Berlin-Friedenau beigesetzt wurde. Auch wenn Paul Zech der wirkliche Durchbruch immer versagt blieb, in Vergessenheit geriet er nicht. Ein Jahr nach seinem Tod gründete sein Sohn, Rudolph Zech, die Friedenauer Handpresse und verlegte bis ca. 1960 die bisher unpublizierten Werke des Vaters. In der DDR, wo Zech als Arbeiterdichter und Naziverfolgter galt, brachte der Greifenverlag in Rudolstadt von 1952 bis 1990 wiederholt einige Werke heraus. 1955 entdeckte der Schauspieler Klaus Kinski die Nachdichtung "Die lasterhaften Balladen und Lieder des François Villon" und entwickelte daraus eine Villon-Show, die er ca. hundertmal aufführte. "Ich bin so wild nach Deinem Erdbeermund…" wurde so deutschlandweit zur bekanntesten Metapher. Die Ausstellung ist noch bis zum 7. Mai 2006 im HAUS am KLEISTPARK, Grunewaldstraße 6-7, zu sehen, täglich außer Montags von 14 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei. Simone Tippach-Schneider April 2006 Stadtteilzeitung < Inhaltsverzeichnis |
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