Der ganz normale Alltag
Neue Serie: Geschichten aus dem Alltag


An einem Donnerstag war es mal wieder soweit. Sie kam nicht nach Hause. Weder zum Abendessen, noch für das Gute-Nacht-Leckerchen. Nach einer schlaflosen Nacht – mit einem Ohr immer auf das heißersehnte Maunzen an der Tür lauschend – verteilten wir am nächsten Morgen die Vermisstenanzeigen. Die Zettel, versehen mit einem Foto der Süßen, genauer Beschreibung von Fell und Charakter, unserer Telefonnummer in kleinen Zettelchen zum Abreißen, prangten an Bäumen, Zäunen, Hauseingängen, Laternenmasten und in den Tierarztpraxen. Zuvor waren sämtliche Familienmitglieder stundenlang gurrend, zärtlich Kosenamen rufend und tränenblind erfolglos durch den Kiez geirrt – und stießen dabei unerwartet auf eine Welle von Anteilnahme. Viele Passanten blieben stehen, studierten die Anzeige, äußerten ihr Bedauern und Mitgefühl, und etliche erzählten ihre Erfahrungen mit entlaufenen Haustieren, die sich – manchmal erst nach Wochen – wohlbehalten wieder eingefunden hatten. Es war sehr tröstlich und Hoffnung spendend. Auch Anrufe erreichten uns: mal war die Süße in diesem Vorgarten in der Bahnhofstraße, mal in jenem Hinterhof in der Sponholzstraße gesichtet worden. Und dann – nach drei trüben Tagen – der Anruf einer uns unbekannten Nachbarin: Da läuft gerade eine Katze durch meinen Garten, ich glaube, das könnte Ihre sein! Nix wie hin. Und sie war es. Wir begrüßten sie (lautstark) und schimpften (leise) mit ihr und führten sie im Triumphzug nach Hause.

Eigentlich hätten wir jetzt wieder Zettel aufhängen müssen, mit einem Dank an die Nachbarn für Zuspruch und Hilfe, doch der ganz normale Alltag hatte uns wieder im Griff. Aber vielleicht lesen ja genau S i e jetzt diese Zeilen...
Rita Maikowski

Hilfe bei Suche entlaufener Haustiere z.B. auch im Internet www.ausreisser.de

Februar 2006  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis