Altenentsorgung
Frau Knöttke und das Zeitgeschehen...


Neulich konnte ick eine Nacht nich schlafen und hab' in meiner Verzweiflung nochmal den Fernseher angemacht. Da bin ick in so'ne Diskussion rinjeraten, weil ick mir nich noch 'n Knaller ankieken wollte, nervös war ick ja schon jenug. Na, da jing's erst richtich los, da ha'm se sich darüber unterhalten, wat man mit den Alten anfangen sollte. In fuffzig Jahren, hieß es, gäb's so ville olle Leute über Neunzig, dit könnte keener mehr bezahlen. Je älter se sind, umso teurer wer'n se, da müsste man sich wat einfallen lassen. Woruff die da kamen, dit gloobste nich: man könnte ihnen doch erlauben, sich umzubringen, sagt einer! Totschlagen kann man se ja schlecht – dit sage ick jetzt – aber se könn' dit doch selber machen! Müssen se ja nich, wenn se nich wollen, aber sie dürfen, weil, jetzt ist es ja noch verboten. Dieser jungsche CDU-Schnösel, der keene neuen Hüften mehr für alte Leute bezahlen will, war ooch uff'm Podium und wurde gefragt: "Wie lange möchten Sie denn leben, Herr Mißfelder?" Da kriegt er uff eenmal kalte Füße, wo es um ihn selbst geht: nee, so nu doch nich, der gesellschaftliche Druck würde zu groß werden!
Ick hab mich so uffgeregt, dit ick erst recht nich mehr schlafen konnte! Da kannste ja nich mehr uff die Straße, denn hau'n se dich gleich an, wieso du denn noch lebst und den Jungen dit Brot wegfrißt! Und dit Schärfste: dit Janze fand in der Konrad-Adenauer-Stiftung statt! An der Wand hing 'n Foto vom ollen Adenauer, da grinst der so listig, als ob er sagen wollte: mir könnt ihr nüscht mehr!
Wo leben wir denn? fragt
Eure Elfriede Knöttke

Fachkonferenz "Verantwortung zur Veränderung" am 25.11.2005 - Podiumsdiskussion:
"Müssen die Jungen die Alten beschützen?"
Nachzulesen unter www.kas.de/publikationen/2005/7615_dokument.html

Februar 2006  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis