Ein Streifzug mit Marina Naujoks
Der Teltowkanal im Bau, Foto: Heimatverein Steglitz e.V.
Ziemlich spät wurde das Projekt "Teltowkanal" verwirklicht. Der Landwehrkanal,
der zusammen mit dem 1848 geschaffenen und 1926 schon wieder zugeschütteten
Luisenstädtischen Kanal als innerstädtische Ergänzung der Spree diente, konnte nicht
der Versorgung der südlichen Vororte Berlins dienen. Mitte des 19. Jahrhunderts kamen
Dreiviertel der Waren auf dem Wasserweg nach Berlin, nach dem Ausbau des Eisenbahnnetzes
bis 1890 immer noch ca. die Hälfte. Der Osthafen an der Spree, der von 1907 bis 1913
entstand, wurde der neue zentrale Umschlagplatz.
Seit 1861 gab es erste Entwürfe des Baurats Röder, das Berliner Stadtgebiet mit einer
neuen Verbindung im Süden zu umgehen. Aber erst eine Generation später war die Zeit reif
für dieses Projekt. Christian Havestadt und Max Contag legten die Planung vor, Landrat
Ernst von Stubenrauch sorgte für die politische Zustimmung und Finanzierung des
Vorhabens. Von 1901 bis 1906 wurde das Projekt für 48 Millionen Mark ausgeführt und
konnte schließlich am 2.6.1906 in Anwesenheit des Kaisers feierlich eröffnet werden.
Die Trassierung des Kanals wurde nach modernsten Erkenntnissen entwickelt
schließlich war die Hochebene des Teltows hügeliges Gelände und sollte dem
Landkreis Teltow zu wirtschaftlichem Aufschwung verhelfen. Mehrere Häfen säumten die
Anlage: Groß-Lichterfelde, Steglitz, Tempelhof und Britz. Der Hafen Lankwitz zählt zu
den kleineren Anlegestellen. Erwünschter technischer Nebeneffekt war die Ableitung des
Regenwassers im gesamten Anliegerbereich. Ein leistungsfähiger Vorfluter, der
Betriebswasser in Richtung Havel ableitete, war für die weitere industrielle Entwicklung
sehr wichtig.
Anhand dieser Daten kann man ahnen, welche Leistung gemessen am damaligen Stand der
Technik vollbracht wurde: 12,6 Millionen Kubikmeter Erdreich wurden bewegt und
10.000 Arbeiter aus sechs Nationen beschäftigt. Durch die Schleuse Kleinmachnow wird die
Spree-haltung von der Havelhaltung getrennt. Das mittlere Gefälle beträgt dort 2,74 m.
Die Gesamtlänge des Kanals beträgt 37,8 km.
Die Einrichtung einer elektrischen Treidelbahn auf den Uferstreifen war damals Vorbild
für eine ähnliche Anlage beim Bau des Panama-Kanals. Solche Anlagen ermöglichen einen
geringeren Kanalquerschnitt und ein höheres Verkehrsaufkommen, als es bei der
Fortbewegung der Schiffe mit Eigenantrieb möglich wäre. Bis zum Zweiten Weltkrieg wurde
die Treidelbahn betrieben. Aufmerksame Spaziergänger entdecken entlang der Uferwege immer
noch Relikte aus dieser Zeit.
An der Giesensdorfer Brücke, Foto: Heimatverein Steglitz e.V.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor der Kanal völlig an Bedeutung. In den letzten
Kriegstagen wurden viele Brücken gesprengt, um den Vormarsch der russischen Truppen zu
stoppen. Zwei Sektorengrenzen und später die Mauer zerschnitten diesen einst wichtigen
Verkehrsweg. Erst 1978 wurden Verträge mit der DDR geschlossen, die wieder eine Nutzung
ermöglichten: Das verschlammte Kanalbett wurde ausgebaggert, die Böschungen erhielten
Spundwände. Für den Transitverkehr von Westen her wurden 1981 Teilstücke
wiedereröffnet. Öl, Kohle, Baustoffe und andere schwere Güter konnten so wieder in die
Häfen des Teltowkanals gelangen.
Seit der Wiedervereinigung gehört der Kanal zum Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17,
das den Ausbau der 280 km langen Wasserstrasse Hannover-Berlin beinhaltet. Die hierbei
geplanten Maßnahmen sehen Fahrwasser- und Schleusenerweiterungen sowie Brückenneubauten
vor.
Das kurze Stück, das die südliche Grenze unseres "Verteilbereichs" der
Stadtteilzeitung markiert, beginnt ungefähr am Kilometer 19 (ausgehend vom tiefsten Punkt
des Kanals an der Havel), dort, wo die Bäke (niederdeutsch für "Bach"), eines
Flüsschens, das auf dem Fichtenberg entspringend, verrohrt die ersten Meter zurücklegt,
sich im gleichnamigen Park als eigenständiges Gewässer zeigt, bis es im Kanal
einmündet. Sie floss ursprünglich bis Babelsberg, doch Teile ihres Tales wurden in das
Kanalbett integriert.
Das Universitätsklinikum Benjamin Franklin steht ungefähr an der Stelle, wo die Bäke in
den Kanal mündet. Dieses erste Großklinikum Deutschlands wurde mit amerikanischer
Unterstützung errichtet und ging 1968 in Betrieb. Es wurde aufgrund wissenschaftlicher
Forschungsarbeiten, die hier durchgeführt wurden, international bekannt.
Fußgängerwege säumen das Ufer, der Edenkobener Steig, eine Brücke, die noch nach alter
Art genietet wurde, lässt Fußgänger von der Steglitzer auf die Lankwitzer Seite
wechseln. Die Eisbahn und das Stadtbad Lankwitz rufen wieder das Motto "Wasser im
Februar" in Erinnerung...Das kleine Flüsschen Lanke, das diesem Ortsteil seinen
Namen gab, fließt irgendwo unterirdisch in den Kanal.
Der Hafen Lankwitz am Kilometer 22 stellt schon den Endpunkt des Streifzuges dar, obwohl
noch, neben zahlreichen Industrieanlagen, viele Sehenswürdigkeiten folgen, z. B. das
Ullstein-Haus auf der Tempelhofer Seite oder das Krematorium am Baumschulenweg. Oder gehen
Sie zurück Richtung Babelsberg, wo Sie am Ende des Kanals ein Naturschutzgebiet erwartet.
Aber in unseren Zeitungsberichten können wir nie ein Thema abschließend behandeln,
sondern eher "Appetit" machen auf mehr.
Mehr, das wären die Festveranstaltungen zum hundertjährigen Bestehen des Teltowkanals.
Das Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin und das Wasserstraßen-Neubauamt Berlin erarbeiten
in Abstimmung mit den Gemeinden Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow zur Zeit das Programm.
Ein Termin steht bereits fest: Am 2.6.2006 steigt ein großes Fest an der Schleuse
Kleinmachnow.
Marina Naujocks
Februar 2006 Stadtteilzeitung
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