Ferien in der VHS Tempelhof-Schöneberg
Simone Tippach-Schneider

Am Anfang ist immer Neugierde. Sie treibt mich an, ebenso Wissensdurst und Ungeduld. Nach Berlin kam ich 1981. Da war ich neunzehn. Ein Fischkopp stand vor der Großstadt und verliebte sich auf der Stelle in die Fensteraugen der Häuserschluchten. Immer noch sage ich Brötchen zur Schrippe und Klops zur Boulette, doch im Endlichen der Stadt bin ich nach allen Seiten gegangen und habe so das Unmessbare schätzen gelernt.

Seit zwanzig Jahren wohnhaft im Prenzlauer Berg - gearbeitet und studiert in Köpenick, im Friedrichshain, in Mitte, Kreuzberg und Charlottenburg - seit sechs Monaten nun in Schöneberg, gegenüber vom Rathaus. Weiter treibt mich die Neugierde einer Kietzwanderin: Wie viele Schritte sind es zum Kleistpark, wo liegt das wildeste Stück Brachland, wer backt die besten Brötchen, an welchem Platz ist es mucksmäuschenstill und an welchem elendlaut?
Ich bin Bestattungsberaterin, da sind Kompetenz und Einfühlungsvermögen rund um die Uhr gefragt. Einfühlen kann ich mich nur, wenn ich das urbane und soziale Umfeld der Menschen kennen. Gute Dienste kann ich nur leisten, wenn ich weiß, wie der Pfarrer der Paul-Gerhard-Gemeinde heißt, wohin die Linie 4 fährt oder ob es auf dem Markt gegenüber auch frische Blumen gibt. So sieht man mich in Schöneberg nach allen Seiten gehen, da treibt mich wieder die Neugierde nach der Unendlichkeit des Seins.

Die Zeitung für bürgerschaftliches Engagement und Stadtteilkultur gehörte zu meinen ersten Entdeckungen. Und weil ich seit zwanzig Jahren auch als Redakteurin und Buchautorin arbeite, liegt es nahe, in der Stadtteilzeitung das Erlebte weiterzugeben und mich anstecken zu lassen von der Herzlichkeit und dem Eifer der Ehrenamtlichen aus dem Kiez.

Juni 2006  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis