Der Winterfeldtplatz
Das Abenteuer liegt um die Ecke

Es gibt sie, die leidenschaftlichen Schöneberger. Frau Dr. Twardawa gehört dazu. Ihr neuestes Buch über den Winterfeldtplatz, das für mich keinen Aspekt der Platzbetrachtung offen lässt, entstand aus jahrelanger Beobachtung, Anteilnahme an der städtebaulichen Entwicklung und Ausdruck des Zugehörigkeitsgefühls.

Susanne Twardawa kam zum Studium der Soziologie aus Nürnberg nach Berlin. In den siebziger Jahren bewegten die Probleme der Stadtsanierung die Öffentlichkeit, schließlich war der Wiederaufbau noch lange nicht abgeschlossen. Über die zukünftige Entwicklung wurde nachgedacht und diskutiert. Sanierungsbegleitende Untersuchungen in Kreuzberg, an denen Susanne Twardawa mitarbeitete, zeigten die nicht immer vorteilhaften Folgen für die Bewohner auf. Fortan war der städtebauliche Wandel ein Thema, das sie nicht mehr losließ.
Standort ihres Wirkens wurde ab 1983 der von ihr gegründete "Motzbuchladen", der hauptsächlich Fachliteratur für Psychologen und Philosophen führt. Extra für die kleinen, aber feinen Werke über Schöneberg hat sie 1999 einen eigenen Verlag gegründet. Anlass war das hundertjährige Bestehen des Viktoria-Luise-Platzes. Aber ihre Idee, an dieses Jubiläum zu erinnern, stieß bei den Verantwortlichen im Bezirk auf taube Ohren. Schließlich kam durch die Privat-initiative der Anlieger ein Fest zustande. Interessant in einer Zeit, wo der Wandel zur reinen Dienstleistungsgesellschaft gerade in Berlin sich immer schneller vollzieht und unsere Geschichte eines der wenigen Güter ist, mit dem der Standort Schöneberg "wuchern" kann...

Nun also das neue Werk zum Winterfeldtplatz. Auf 78 Seiten wurde ein kleines Universum beschrieben, ergänzt mit Fotos z. B. von Fassadendetails und Szenen des Alltags. Hinter den Kulissen des Platzes vollzieht sich (mal wieder) ein starker Wandel. Der Einzelhandel ist von Existenzangst geplagt, in der Gastronomie erobern Ketten (auch wenn man es von außen nicht sieht) den Markt. Besonders gelobt hat Susanne Twardawa die vorbildliche Arbeit der katholischen Gemeinde und hier besonders Pfarrer Kotzur. Mit ihm zusammen wird sie Rundgänge über den Platz anbieten. Näheres erfahren Sie unter www.motzbuch.de.

Marina Naujoks

Juni 2006  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis