Damenheime, damit Frauen sich daheim fühlen

Damenheime, was ist das denn? Es ist März, und wir widmen uns Frauenthemen. Eine kleine Rückschau auf die Zeit vor hundert Jahren kann Anregungen liefern für neue Ideen!

Frauen strebten damals erstmals in der Geschichte in die verschiedensten Berufe. Der Lette-Verein am Viktoria-Luise-Platz war eine der ersten und besten Adressen für die Berufsausbildung. Im Fernmeldeamt in der Winterfeldtstrasse arbeiteten ausschließlich Frauen als Telefonistinnen. Die ersten Ärztinnen und Lehrerinnen eroberten die Berufsbereiche, die bisher nur Männern vorbehalten waren.

Doch viele Frauen lebten dann nicht mehr im Familienverband und hatten auch nicht mehr die Zeit, sich den Hausfrauenaufgaben wie kochen, einkaufen und putzen zu widmen. Stimmte das Einkommen oder Privatvermögen, konnte die alleinstehende und -wohnende Frau sich einen angemessenen häuslichen Rahmen leisten, eben das besagte Damenheim. Hier in Schöneberg gab es Damenheime in der Hauptstr. 18 und am Viktoria-Luise-Platz 8.

In Villenvororten waren solche Einrichtungen ebenfalls zu finden. Einzelne oder sogar mehrere Zimmer konnten angemietet werden, möbliert oder unmöbliert. Gemeinschaftlich genutzt wurden Speisesaal, Lesezimmer und Badeeinrichtungen. Volle Verpflegung oder nur Einzelmahlzeiten konnten individuell gebucht werden. Jedem der Häuser stand eine Hausdame vor, die das Dienstpersonal einteilte. Sollte jetzt der Verdacht aufkommen, dass diese Dame auch eine Überwachungsfunktion übernahm, so sei darauf verwiesen, dass es in dem Bericht von damals heißt: "Es bleibt den Bewohnerinnen auch überlassen, auf beliebige Zeit Besuch bei sich zu sehen."

Wie hieß es im "Boten für die christliche Frauenwelt" von 1905: "Die überwiegende Zahl der Töchter aus gebildeten Ständen bleibt unverheiratet; (...) Genügten früher die bescheidensten Mittel, dass zwei gesunde, junge Menschen in fröhlichem Gottvertrauen ihr Nestchen bauten, so würde man mit Recht denselben Idealismus bei unsern so viel schwierigeren und verwickelteren Verhältnissen heute unverantwortlichen Leichtsinn nennen." Nicht nur das Wetter wiederholt sich alle hundert Jahre...

Die uns heute allgemein bekannte Wohnform -Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer (möglichst zwei kleine)- wurde bis vor kurzer Zeit überall geplant. Die Vorgaben des Sozialen Wohnungsbaus sahen Subventionen ausschließlich für diesen Wohnungstyp vor. Schaut man sich die Statistik von Berlin an, entdeckt man, dass die Hälfte der Haushalte nur aus einer Person besteht.

Für Senioren gibt es erste Ansätze, durch gemeinschaftliches Wohnen die Alltagsaufgaben so zu organisieren, dass der Einzelne entlastet wird. Für normale Singles gibt es noch kein vergleichbares Angebot, sieht man von WGs für jüngere Leute ab.

Gegen ungewohnte Wohnformen gibt es anfangs immer Vorbehalte, und das damalige Modell war mit Sicherheit nicht für jede Frau erschwinglich. Aber die Kombination eines Hotelservices mit einer Hausgemeinschaft, die nach Feierabend noch den zur Entspannung nötigen Rahmen bietet, ist eine attraktive Idee, die in der Großstadt auch heute noch oder wieder einen Kundinnenkreis finden würde.

Marina Naujoks

März 2006  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis