Die Minikicker des 1. FC Schöneberg | ||||
Großer Spaß für kleine Leute - und ihre Eltern Die Sonne scheint auf dem Sportplatz am Vorarlberger Damm. Auf dem Rasen stehen neun Jungs im Alter von ABC-Schützen. Sie tragen Trikots in lila und weiß: die Minikicker des 1. FC Schöneberg. Der Trainer gibt letzte Tipps fürs Pokalspiel gegen TSV Helgoland: Seine Spieler sollen nicht alle zum Ball rennen, sondern sich über den Platz verteilen und einander zuspielen. Der Trainer, Hansjörg Felsch, stammt aus einer fußballbegeisterten Familie. Vater Kurt leitete 18 Jahre lang die Jugendabteilung, Sohn Fabian steht heute bei den Minikickern im Tor und wird angefeuert von Mutter und Oma. Als Hansjörg Felsch dem Verein 1972 beitrat, war er 9 Jahre alt und die E-Jugend die jüngste Altersklasse. Die Kinder lernten das Kicken auf der Straße, dem Bolzplatz oder einer Wiese im Park. Deutschland gehörte im Fußball zur Weltspitze, wurde 1972 Europameister und 1974 Weltmeister. Viele Jahre lang galt die Regel, wonach Fußball ein Spiel ist, bei dem 22 Spieler hinter einem Ball herjagen und am Ende Deutschland gewinnt. Der Schiedsrichter pfeift das Spiel an. 14 kleine Fußballer wuseln über den Rasen und werden angefeuert und beklatscht von Eltern und Großeltern. Der Ball verschwindet in einem Getümmel aus bunten Trikots, dann kullert er hervor und Perry läuft hinterher in den gegnerischen Strafraum. Sein Schuss geht knapp am Tor vorbei. 2 Minuten später setzt sich Baran in einem Gewühl vor dem Helgoländer Strafraum durch und kickt das Leder ins Netz. Schöneberg führt 1:0, der Torreigen ist eröffnet, die Schöneberger Minis sind überlegen. Bis zum Halbzeitpfiff schießt Baran 3 weitere Tore. Seit Mitte der 90-er Jahre sinkt die
deutsche Nationalmannschaft in der FIFA-Weltrangliste stetig ab und liegt
heute auf dem 22. Platz. Die Leistungsträger der Bundesliga kommen aus
dem Ausland. Als Bayern München im März gegen AC Mailand antrat, waren
nur zwei deutsche Spieler auf dem Platz. Der Autoverkehr hat die kickenden
Jungen von den Straßen vertrieben, Computerspiele und Fernsehen haben sie
vor die Bildschirme gelockt. Seit Jahren beklagen Wissenschaftler die
Bewegungsarmut der deutschen Kinder und ihre Auswirkungen auf die
Gesundheit: Fettsucht und Fehlhaltungen, Kreislauf- und
Konzentrationsschwächen und Störungen der Koordination. Durch die Förderung von Kindern und Jugendlichen möchte der DFB das Leistungstief im deutschen Fußball überwinden. Schon mit vier Jahren können Kinder heute bei den Minikickern mitspielen. Für die 5- bis 6-Jäh-rigen gibt es ab der nächsten Saison die G-Jugend. Die Trainingskonzepte bewerten Spaß, Gesundheit und soziales Lernen höher als Disziplin, Leistung und Sieg. Die Kinder sollen Freude an der Bewegung haben und die Faszination des Fußballspiels entdecken. Im Verein kommen sie mit Gleichaltrigen zusammen und lernen die Einordnung in eine Gruppe. Die Nachwuchsarbeit der letzten Jahre hat Erfolg: Noch nie haben so viele Jungen und Mädchen Fußball gespielt wie heute. Fußballer seien Rowdys mit dicken Beinen und hohlen Köpfen, sagt ein Vorurteil. Unsinn, sagt die Wissenschaft, denn Bewegung und soziale Integration lassen Nervenzellen sprießen und beflügeln den Geist. Nach dem Spiel warten die Erwachsenen mit Getränken auf die verschwitzten Kids. Fabian setzt sich zu den Eltern und frohlockt über den hohen Sieg. "So schlecht ist Helgoland nicht, es waren ein paar jüngere Spieler dabei", erklärt Hansjörg Felsch. Sein Sohn soll Respekt haben vor der gegnerischen Mannschaft, auch wenn die einen schlechten Tag hatte. Michael Lang 1. FC Schöneberg Mai 2006 Stadtteilzeitung < Inhaltsverzeichnis |
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