Kicken & Kieken - der 1. FC Schöneberg im WM-Jahr 2006
 
 
 
Ü40-Männer wollen´s wissen

Die 7er Altliga des 1. FC Schöneberg 1913 e.V. hat 18 aktive Spieler, alle über 40 Jahre alt, daher auch Ü40 genannt. Es gibt auch noch die Ü50, aber die spielt seit zwei Jahren keine Wettkämpfe mehr, obgleich sich die Spieler regelmäßig zum Trainieren treffen.

7er Altliga bedeutet, es spielen nur sieben Fußballer auf einer halben Feldfläche und es kann ausgewechselt werden, sooft man will. Der Jüngste in der Mannschaft ist 40 Jahre alt, der älteste 55. Sie arbeiten bei der Stadtreinigung und im Sportgeschäft, als Lagerarbeiter und Landschaftsgärtner, ebenso gehören Frührentner und Arbeitslose zur Mannschaft. Sie sind multikulturell, man spricht deutsch, türkisch, arabisch und polnisch.

Kennen gelernt haben sich die Männer am Rande des Fußballfeldes, als Väter von Spielern der Jugendabteilung oder aktive Spieler der Herren. 2005 konnte der 1. FC Schöneberg erstmals eine Ü40 Mannschaft in der Kreisklasse melden. In Berlin spielen derzeit 13 Mannschaften in der 7er Altliga. Nach dem 15. Spieltag liegen die Schöneberger hinter SG Aufbau Alex auf Platz 3. In den kommenden Austragungen geht es um den Staffelsieg, also um Platz 1 und damit den Aufstieg in die Bezirksklasse. Derzeit liegt der VSG Rahnsdorf vorn.

Am 2. April 2006 wurde das zweite Spiel der Saison ausgetragen, gegen den SG Aufbau Alex. An diesem sonnigen Sonntagvormittag trafen sich nicht nur die zwei Mannschaften der 7er Altliga auf dem Sportplatz am Voralberger Damm 33. Die 15-16jährigen der B-Jugend spielten auf dem großen Feld, die 7-8jährigen der F-Jugend auf einem halben Feld und auf der anderen Hälfte die Ü40-Männer. An den Seiten standen Eltern, Großeltern, Ehefrauen und Freunde. Es wurde gepfiffen, gebrüllt, geschimpft, geklatscht und gelacht. Die 40jährigen kämpften genauso verbissen um den Sieg wie die 16jährigen. Von einer Fußballkarriere träumen allerdings nur die Jüngeren. Immerhin - einen Nationalspieler hat der 1. FC Schöneberg schon hervorgebracht: Mit Pierre Littbarski setzte die Jugendabteilung 1970 zu einem wahren Höhenflug an und gewann 1974 den Titel der Berliner Meisterschaften und den Berliner Pokal. Littbarskis Karriere verlief weiter über Hertha, Bundesliga Köln bis zur Nationalmannschaft und führte 1990 zum Weltmeistertitel. Heute arbeitet der berühmteste Schöneberger Fußballer als Trainer in Sydney.

Vom WM-Fieber 2006 ist auf dem Sportplatz nur wenig zu spüren - doch die Qualifizierungen wurden aufmerksam verfolgt. Der Rauswurf der türkischen Mannschaft nach dem Spiel gegen die Schweiz bot beispielsweise ausreichend Stoff für lange und hitzige Debatten. Die Mehrzahl der Ü40-Män-ner hofft, dass Deutschland wieder Weltmeister wird. Als absolute Favoriten gelten die Brasilianer. Selbst wenn sie nicht Weltmeister werden: Sie sind die Weltbesten.
WM-Tickets hat niemand in der Schöneberger 7er Altliga. WM-Kieken und Weiterkicken wird daher das Motto der Saison sein.

An diesem sonnigen Frühlingstag hatte der 1. FC Schöneberg 3:3 gegen Aufbau Alex gespielt. Am Tabellenstand hat sich damit vorerst nichts geändert. Aber schon am nächsten Wochenende wird wieder gekickt.

Simone Tippach-Schneider

Mai 2006  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis