Teltow-Grundschule
 
 
 

Ein Schulhaus wird 100!
Am 12. Mai feiert die Teltow-Grundschule den 100. Jahrestag ihres Schulgebäudes

Mitten in Schöneberg liegt in der Feurigstraße als langgestreckter Bau mit roter Fassade aus rohen Ziegeln die Teltow-Grundschule. Rundbogenfenster sind mit Gesimsen und weißen Putzornamenten geschmückt, Sandsteinreliefs von Jungen und Mädchen zieren die Wand über den Eingangstoren. Gedanken an die gute alte Zeit steigen auf beim Anblick des schmucken Gebäudes

Das Schulhaus wurde ab 1906 als 10. und 11. Gemeindeschule der Stadt Schöneberg errichtet. Schöneberg war eine aufstrebende Stadt, ihre Einwohnerzahl innerhalb von 3 Jahrzehnten auf das Zwanzigfache gewachsen.

Berlin als Metropole und wichtigste Industriestadt des Deutschen Reiches lockte Heerscharen von Zuwanderern aus ländlichen Regionen an. Gegen den Mangel an Wohnraum und Schulen baute man Miets- und Schulkasernen. Gemeinsam war diesen oft eine repräsentative Fassade zur Straße hin und drangvolle Enge im Inneren.

Die 10. und 11. Gemeindeschule waren eine typische preußische Doppelschule: In einem Flügel des Gebäudes befand sich die Knaben-, im anderen die Mädchenschule. In der Eingangshalle trennte ein Eisengitter Jungen und Mädchen, im Schulhof eine Mauer. Eine Klasse umfasste 45 Schüler, weit über 1000 Kinder drängten sich in dem Gebäude - heute sind es 370. Mit drakonischer Strenge erzwangen die Lehrer Ordnung und Disziplin. Das Eckenstehen und Schläge mit dem Rohrstock waren übliche Strafen, und in den Pausen gingen die Schüler unter Aufsicht der Lehrer in Zweierreihen auf dem Hof im Kreis und bewahrten Stille.

Monarchistische Gesinnung und militärischer Zeitgeist prägten die Schule. Leistungsschwäche wurde rigoros mit Sitzenbleiben bestraft, nur 10% eines Jahrgangs erreichten in den Gemeindeschulen die oberste Klasse. Der Wechsel an eine höhere Schule war unmöglich.
Vieles hat sich geändert seit dem Bau der Schule, meist zum Besseren. Aus Deutschland wurde ein demokratisches und wohlhabendes Land. Mehr Lehrpersonal betreut an der Teltow-Grundschule weniger Kinder in kleineren Klassen. Die Ausstattung ist besser geworden, die Erziehung humaner. Im Schatten des Wohlstands sind neue Probleme entstanden, die lange unbemerkt blieben in der Öffentlichkeit.

Wie vor 100 Jahren prägen Zuwanderer das Bild der Schule - nur entstammen sie heute meist fremden Kulturen. Migrantenkinder aus 22 Nationen stellen 92% der Schüler, türkische und arabische Kinder sind in der Mehrheit. Manche Erstklässler sprechen kaum deutsch, oft sind die Eltern mit der Erziehung überfordert, viele Kinder scheitern in der Schule.

Inzwischen hat die Politik die Probleme erkannt. Seit 3 Jahren ist die Teltow-Grundschule Ganztagsschule. Jede Klasse hat neben der Klassenlehrerin eine Erzieherin. Zusätzlich zum Klassenzimmer haben die unteren Klassen ein Spielzimmer. Für die älteren Schüler stehen Räume fürs Toben und Spielen, Lernen und Ausruhen zur Verfügung. Auf Wunsch werden die Kinder von 6:00-18:00 Uhr an der Schule betreut und im sportlichen und künstlerischen Bereich gefördert. Ein PC in jedem Klassenzimmer und alle im Computerraum sind ans Internet angeschlossen. Es gibt vollwertiges Frühstück und ein gesundes Mittagessen. Ältere Schüler werden zu Konfliktlotsen ausgebildet und greifen ein bei Streit auf dem Schulhof. Sprachproblemen wird mit individueller Förderung zu Leibe gerückt. Die Lernbedingungen verbesserten sich spürbar, Aggression und Frustration gehen zurück.

Auf der Jubiläumsfeier am 12. Mai stellt sich die Teltow-Grundschule ab 14 Uhr der Öffentlichkeit vor. Fürs leibliche Wohl bietet ein internationales Büfett kulinarische Spezialitäten aus den Herkunftsländern der Schüler. Getränke und Kuchen, eine Hüpfburg und viele Spiele warten auf kleine Besucher. Schüler tragen Gedichte vor und führen Bollywood-Tänze auf. Ein Film erklärt die Situation der Schule, es gibt eine Vernissage mit Kinderbildern, der Förderverein der Schule stellt sich vor, und eine kleine Ausstellung entführt die Besucher in die Vergangenheit und erzählt vom Leben in der Feurigstraße und vom Alltag der Schüler zu Beginn des vorigen Jahrhunderts, als das Schulhaus jung, Schöneberg eine boomende Stadt und Deutschland ein Kaiserreich waren.

Michael Lang

Teltow-Grundschule
Feurigstraße 57
Tag der offenen Tür:
Fr, 12. Mai ab 14 Uhr
Auskunft: 75 60 71 60
Internet: www.teltow-grundschule.de

Mai 2006  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis