Eine Institution feiert Geburtstag
 
 
 
Zum 102. Geburtstag alles Gute!!!

Willy Sommerfeld blickt auf eine sechsundachtzigjährige Musikkarriere zurück. Er wurde am 11. Mai 1904 in Danzig geboren und ist der letzte, heute noch lebende Stummfilmpianist.

1920 kommt er nach Berlin und studiert Komposition am Sternschen Konservatorium. Nebenbei verdient er sich in einem Stummfilmkino in der Nähe des Wittenbergplatzes etwas Geld, indem er einen klavierspielenden Professor auf der Geige begleitet. Später spielt er selbst das Klavier. Willy Sommerfeld unterlegt die Filme damals wie heute intuitiv, denn er spielt nicht nach Noten. "Mir schießen die Bilder, die ich auf der Leinwand sehe, ins Gehirn und von dort aus in die Hände. Da ich sehr klein bin, geht das sehr schnell", sagte er einmal. Als Mann am Klavier erlangt er nationalen Ruhm. 1983 wird er vom Berliner Senat für seine vielseitigen Tätigkeiten mit einer Professur geehrt. Er organisiert Auftrittsmöglichkeiten für junge Musiker und bekommt am 29.11.1988 die Verdienstmedallie des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker verliehen. 1995 erhält er den Bundesfilmpreis für herausragende Verdienste um den deutschen Film und 2004 die Berlinale-Kamera in Gold.

Ende der Zwanziger Jahre arbeitet er als Redakteur in einem Braunschweiger Musikverlag, später wird er Kapellmeister und Dirigent am Braunschweiger Stadttheater. Als er 1933 den Hitlergruß zu entrichten verweigert, ist seine "Klavierkarriere" erst einmal beendet. Er fängt beim Rundfunk an, wo er Hörspielmusiken schreibt. Nach dem Krieg arbeitet Sommerfeld als Arrangeur und Musiktherapeut. Seit Jahren gibt er mit Bescheidenheit und Scheu verschiedensten Interessierten Auskunft über sein Leben und seine Arbeit. Er macht nicht gern viele Worte, sondern setzt sich lieber ans Klavier und spielt. Willy Sommerfeld hat die Gabe, jeden Gefühlsausdruck auf der Leinwand, ob schwer oder leicht, in Musik zu verwandeln.

Der Dokumentarfilm "Sound of Silents - Der Stummfilmpianist" von der preisgekrönten Regisseurin Ilona Ziok feiert am 14. Mai um 18:00 Uhr im Kino Babylon Premiere und ist offiziell ab 18. Mai in den Deutschen Kinos zu sehen. Er zeigt sein Leben und Wirken unter anderem in wunderbaren Stummfilmsequenzen, die er selber mit Musik unterlegt. Verschiedene Interviews von ihm selber, seiner Frau und Wegbegleitern unterstreichen den Film.

Willy Sommerfeld denkt auch heute nicht ans Aufhören, sondern fragt vor den Vorstellungen nur "Ist der Film lustig oder traurig?"

Monika Döbler

Mai 2006  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis