Stadtteilmediation Tiergarten e.V.
Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben...


Ilustration: Oliver Sperl

In einem Woody-Allen-Film überrascht uns folgende Szene: ein Paar beim Psychoanalytiker, Frage: "Wie oft haben Sie Sex?" Er, resigniert: "Fast gar nicht, höchstens 2-3mal in der Woche!" Sie, verzweifelt: "Andauernd, mindestens dreimal die Woche!"

Nächstes Beispiel. Neue Mieter ziehen ins Haus, während des Umzugs stehen öfter Kartons auf dem Treppenabsatz, später stellen sie auch ihre Schuhe vor die Tür, auch mal Grünpflanzen ans Treppenhausfenster. Die eine Nachbarpartei versteht sich gleich gut mit ihnen, weil sie lebhaft und zutraulich sind; die anderen Nachbarn finden sie unmöglich, ihr lautes Verhalten stört sie, ebenso ihre Angewohnheit, manchmal etwas vor der Tür stehen zu lassen. Während zwischen den einen ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis entsteht, kapseln sich die anderen ab und verstehen sich bald auch nicht mehr mit den alten Nachbarn, mit denen sie bisher ein gutes Verhältnis hatten. Es entsteht eine feindselige Atmosphäre.

So unterschiedlich die menschlichen Bedürfnisse sind, so unterschiedlich wird auch das Verhalten anderer bewertet. Und jeder hält seine eigenen Ansichten für normal und oft das, was andere Menschen anders machen, für seltsam, inakzeptabel, abartig. Das kann dann so eskalieren wie in dem alten Film "Krach im Hinterhaus", wo sich die Zerstrittenen Sprengpulver in die Briketts bugsieren oder Wanzen durch den Briefschlitz pusten. Im Kino ist das lustig anzusehen, aber in der Realität schafft es auf die Dauer unhaltbare Zustände, die oft mit Kleinigkeiten beginnen, aber nicht selten vor Gericht enden.

Hier kommt nun die Mediation ins Spiel. Im Duden finde ich unter diesem Begriff "Vermittlung eines Staates in einem Streit" - damit hat es also angefangen. Inzwischen gibt es u.a. die "Stadtteilmediation Tiergarten" in der Schöneberger Dennewitzstraße: "Haben Sie Konflikte mit Ihren Nachbarn, im Verein oder irgendwo anders im Stadtteil?" wird auf dem grünen Flyer gefragt und folgendes Angebot gemacht: "Wir unterstützen Sie und schlichten im Konflikt - schnell und kostenfrei. Ziel ist eine gemeinsame Lösung, mit der alle zufrieden sind." Nicht nur Konflikte zwischen Nachbarn stehen zur Debatte, auch das weite Feld der Schule z.B. bietet Konfliktmöglichkeiten, die beseitigt werden sollten und müssen, wofür man Hilfe von ausgebildeten Mediatoren und ihren weiblichen Gegenstücken, den Mediatorinnen, anfordern kann. Die Mediatoren arbeiten ehrenamtlich, und z.Zt. ist ihre Arbeit noch unentgeltlich.

Warum ist es so schwer für zerstrittene Menschen, die Konflikte von sich aus zu lösen, und warum können Mediatoren es besser? Vor allem: sie sind unparteiisch, ihre Privatmeinung, wer Recht haben könnte, behalten sie für sich. Um das "Recht-haben" geht es auch gar nicht - von seinem eigenen Standpunkt aus hat jeder recht, wenn man so will. Oft weiß man ja gar nicht, warum man so verbissen auf seiner Meinung beharrt und partout das eigene Verhalten für absolut "normal" hält und das des "Gegners" für völlig hirnrissig oder bösartig. Da stecken nicht selten eigene Bedürfnisse und Wünsche hinter, über die man sich gar nicht klar ist. Mediatoren können helfen, hier Klarheit zu schaffen und damit eine Basis für Verständigung mit dem anderen legen. Wichtig ist, dass beide Parteien sich einigen w o l l e n und dass sie bereit sind, (wieder) miteinander zu reden. Die Situation einmal mit den Augen des anderen sehen - wer das schafft, hat einen großen Schritt getan und wird sich erleichtert fühlen, wird nicht mehr auf Biegen oder Brechen mit dem Kopf durch die Wand müssen. Das kann einen richtigen Aha-Effekt geben: warum verhält sich der andere eigentlich so - und warum verhalte ich mich so? Wenn diese Einsicht erst einmal erreicht ist, ist auch eine konstruktive gemeinsame Lösung, mit der alle zufrieden sind, nicht weit.

Der Verein "MediationsZentrum Berlin e.V.", den die Stadtteilmediation Tiergarten gegründet hat, bietet auch Mediationskurse an, "Aus-, Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen für Mediatoren, Lehrkräfte und Bürger, insbesondere auch ausländische Mitbürger, auf dem Gebiet der Mediation", Toleranz- und Konfliktlotsenprogramme für Schüler/innen, wissenschaftliche und gewaltpräventive Veranstaltungen und vieles mehr. Wer sich selbst ein Bild machen möchte, kann am Freitag, den 17. November 06 zum Nachmittag der offenen Tür von 16-20 Uhr in der Dennewitzstraße 34 vorbeikommen:

MediationsZentrum Berlin e.V.
Dennewitzstraße 34
Tel./Fax: 030-23 00 32 39
Mobil: 0163-337 35 73
Sprechzeiten: Mo 10-12 Uhr
und nach Vereinbarung.
Email: mail@
MediationsZentrum-Berlin.de
Netz: www.MediationsZentrum-Berlin.de

Sigrid Wiegand

November 2006  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis