Menschen in der VHS
Peter Kempin
Ingenieur und Computersoziologe

Sein Schwerpunkt im Kursprogramm der VHS Tempelhof-Schöneberg sind Angebote rund um Internet-Programmierung und -Datenbanken sowie das Projektmanagement. Doch hinter der rein technischen Seite, der Schulung von Bedienerkompetenz, steht bei Peter Kempin ein tieferer Anspruch. Strukturelle Kompetenz will er vermitteln, sagt er, Zusammenhänge klar machen, die rein technischen Komponenten auch im gesellschaftlichen Kontext ausleuchten.

Dieser umfassende Ansatz ist nicht von Peter Kempins Biografie zu trennen: Als schlesischer "Rucksackberliner" war er hier zunächst ein mittelmäßiger Hauptschüler, dem sein Lehrer bescheinigte: "Du kannst höchstens mal Grobschmied werden." In einem kleinen Handwerksbetrieb wurde er zum Elektromonteur ausgebildet und holte erst später die Fachhochschulreife nach. Danach folgten eine Ingenieurausbildung in der Elektronik- und Kernstrahlungs-Messtechnik und ein Job als Vertriebsingenieur bei Siemens.

Dann: der Ausbruch aus festgefügten Bahnen in den deutschen Entwicklungsdienst - zweieinhalb Jahre lang unterrichtete Kempin an einer Technikerschule in Daressallam / Tansania. Zurück in Berlin studierte er Mitte der 70er Jahre Bildungsökonomie, Soziologie und Volkswirtschaft und wurde Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU. Hier wollte Kempin mit seinen Projekten in Teamarbeit und interdisziplinär die Gräben zwischen Technik und Sozialwissenschaft überwinden. Zusammen mit anderen Buchveröffentlichungen über Mensch und Maschine, über Geist und Identität im Maschinenzeitalter, legte er seine Dissertation vor und gründete, gemeinsam mit ehemaligen TU-Kolleg/innen, das Bildungs- und Forschungsinstitut "Tesof", an dem er bis heute arbeitet.

Auch dort geht es ihm darum, technische "Zurüstungen" in größere Zusammenhänge zu stellen und bis ins Philosophische zu durchdenken, welche Folgen Maschinensysteme auf lange Sicht für gesellschaftliche Bewusstseinsprozesse haben. Und das, ohne die praktischen Anwendungen im Alltag aus dem Blick zu verlieren. So war ein Lieblingsprojekt von Peter Kempin jüngst die Programmierung der Datenbank für einen Berliner Abenteuerspielplatz. Den Teilnehmer/innen seiner VHS-Kurse versucht er, seit den Anfängen des Internets, neben dem konkret Technischen immer wieder Schlüsselqualifikationen zu vermitteln, mit denen sie sich grundsätzlich im Dschungel der Datenverarbeitung zurecht finden.

Neben Tauchen und Segeln liebt Peter Kempin die Science Fiction von Stanislaw Lem, den er für einen der größten Gegenwartsphilosophen hält. Der Bruch der Evolution, den Kempin als Ingenieur im Zeitalter intelligenter Maschinen ortet, ist für ihn als Computersoziologe keine Schreckensvision, sondern eine ungeheure Chance: Hier könnte sich ein neues gesellschaftliches Gesamtbewusstein jenseits brüchig gewordener Teil-Kulturen entwickeln. Mensch, Geist und Maschine in dieser Weise weiter einander anzunähern - daran will Peter Kempin auch künftig arbeiten. Praktisch und philosophisch.

November 2006  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis