Cafés in Schöneberg | ||||
Redetzky's Café
Wenn Axel Redetzky durch das große Fenster auf die vorbeieilenden Passanten der Hauptstraße schaut, lächelt er milde und freut sich, dass er im rechten Moment den Absprung geschafft hat. Er war jahrelang als Ingenieur die Karriereleiter in der Industrie immer höher geklettert, bis ihm das Tempo nicht mehr gefiel. "Jetzt habe ich auch Stress, aber ganz anderen", sagt er. Der Verdienst ist zwar erheblich geringer, von den vier Angestellten am Anfang musste er bis auf eine Küchenhilfe alle wieder entlassen, aber trotzdem: "Es lebt sich viel angenehmer", sagt er und sein freundliches Gesicht ist ganz entspannt. Er hat gern Gäste. Stets bereit, ein wenig
zu plaudern, verschwindet er sofort diskret im Hintergrund, wenn der Gast
allein zu sein wünscht. Man spürt, dass man ruhig den ganzen Tag mit dem
caféeigenen Lesestoff dasitzen könnte, ohne behelligt zu werden. Wiener
Verhältnisse! Hier hat Axel Redetzky vor sieben Jahren eröffnet. In der Woche von 10 bis 20 Uhr, am Samstag bis 18 Uhr, empfängt er seine Gäste zu Frühstück, kleinen Speisen sowie Kaffee und Kuchen. Es gibt ein paar Spirituosen und kein Rauchverbot - ein Café für Erwachsene also. Die Besonderheit ist, dass man das schöne Ambiente für wenig Geld privat nutzen kann. "Wir stellen die Getränke, der Gast kann auf Wunsch sein eigenes Büffet mitbringen," sagt Herr Redetzky. Und dieser Service wird offenbar gern in Anspruch genommen, denn der ganze Aufräumstress am Tag danach entfällt. Gelegentlich kommt jemand aus dem
benachbarten Friseursalon vorbei, holt sich einen Kaffee oder macht nur so
eine kleine Pause. "Meine früheren Kollegen kommen manchmal vorbei.
Vor fünf Jahren wurde den Mittfünfzigern noch gekündigt. Heute möchten
manche gern früher in Rente gehen, aber man lässt sie nicht, weil
Ingenieure fehlen...", erzählt Herr Redetzky. Ständig unter Feuer
seien die Leute jetzt, ohne Sekretärin, ständig erreichbar mit Handy und
Emails, nein, das wäre nichts für ihn. Sanna v. Zedlitz. . |
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