Keine Grünanlage: der Cosimaplatz in Friedenau
Bürgerproteste nach radikalen "Pflegemaßnahmen"


Cosimaplatz im Frühjahr 2006 - Keine Grünfläche, sondern "gewidmetes Straßenland"

Wer sich an einer Hecke in seinem Wohnumfeld erfreut, muss damit rechnen, dass deren Tage gezählt sind - es sei denn, Bürger verpflichten sich, die Hecke selbst zu pflegen.

Im Februar erreichten uns Hilferufe entsetzter Anwohner des Cosimaplatzes in Friedenau. In den frühen Morgenstunden des 16. Februar waren Mitarbeiter einer Gartenbaufirma angerückt, um eine gesunde Hecke, die dem Platz ihren Charakter gab, vollständig zu entfernen. Sträucher, in denen im Frühling und Sommer reges Vogelleben herrschte, wurden gerodet oder radikal zurück geschnitten.


Cosimaplatz im Februar 2007 nach "optimierter Pflegeanweisung" Fotos: Dennis Koenig

Auf Rückfragen herbei eilender Anwohner teilte das ausführende Unternehmen mit, "pflegeoptimierende Maßnahmen" im Auftrag des Bezirksamtes durchzuführen. Die Anwohner seien vorher entsprechend informiert worden. "Kein Mensch wurde vorher informiert" beklagt sich ein Anwohner.

Das Amt für Umwelt, Natur und Tiefbau ließ im Januar in einem Spendenaufruf wissen, die Finanzkrise des Landes Berlin führe dazu, dass der Bezirk seine Aufgaben nicht mehr wie gewünscht wahrnehmen könne. So sei die Erledigung der dringlichsten Aufgaben in den nächsten Jahren nur noch mit Hilfe aller (Bürger) zu bewältigen, wie zum Beispiel:

  • Die Übernahme einer Patenschaft für einen Spielplatz, ein Beet, einer kleinen Grünanlage. Der Umfang der Tätigkeit kann frei vereinbart werden. Notwendig ist dabei eine Verpflichtung, diese Aufgabe für einen bestimmten Zeitraum wahrzunehmen.
  • Sponsoring kann sowohl als Sachleistung, wie zum Beispiel die Entfernung von Graffiti durch einen Reinigungs- oder Malerbetrieb, als auch als Geldleistung für einen zu vereinbarenden Zweck erfolgen. Die Gegenleistung wie die Aufstellung eines Sponsorenschildes kann dabei frei vereinbart werden.
  • Spenden werden in der Regel nach dem Wunsch des Spenders zweckgebunden auf ein nur für diesen Zweck eingerichtetes Konto eingezahlt und dann auch nur für den gewünschten Zweck verwendet. In Absprache mit dem Amt für Umwelt und Natur sind auch Sachspenden erwünscht.

Das sei ja "ein hehres Ziel", so ein Anwohner, " aber man müsse den Bürgern doch auch eine Chance geben!" Womit er sicher meint, eine rechtzeitige und gezielte Information, die die betroffenen Anwohner auch erreicht, hätte mehr bewirkt.

Das meint auch eine Anwohnerin, die seit 37 Jahren im Bezirk wohnt und den Cosimaplatz von täglichen Spaziergängen her kennt. "Ich gehöre zu den Leuten, die sich durchaus mal bücken, um Papierfetzen oder Flaschenscherben aufheben", berichtet sie der Stadtteilzeitung.
"Allerdings sind Papierkörbe inzwischen auch eine Rarität. "Mir war zum Heulen, als ich gesehen habe, was da auf dem Cosimaplatz passiert. Auch mein Hinweis auf im Frühjahr brütende Vögel konnte die Gärtner nicht dazu erweichen, die Sträucher stehen zu lassen. Lediglich das von mir selbst im Winter aufgehängte Futterhäuschen wurde wieder angebracht, allerdings nun an einer kahlen Stelle, wo sich kein Vogel mehr hinwagt. Auch ich wäre eventuell bereit gewesen etwas zu tun."

Die Stadtteilzeitung befragte das Amt für Umwelt, Natur und Tiefbau nach den Hintergründen der Maßnahmen:

Welche Grünanlagen wurden bisher in ähnlich radikaler Weise wie der Cosimaplatz behandelt?
Der Cosimaplatz ist keine Grünanlage, sondern gewidmetes Straßenland. Der Fachbereich Natur kann die Maßnahme nicht als radikal betrachten.

Welche weiteren Maßnamen sind wo geplant?
Richtig ist, dass zur Pflege des Straßenlandes und auch der Grünflächen nur ein sehr geringes Budget zur Verfügung steht, so dass neben vielen anderen Optimierungsmaßnahmen auch die Pflege der Flächen vereinfacht werden muss. Deshalb werden an vielen Stellen im Bezirk Hecken gerodet, die 2x jährlich geschnitten werden müss-ten. Auch werden niedrige Pflanzungen, die von Unkraut durchwuchert sind und die nicht mehr gepflegt werden können, durch pflegeleichtes Grün ausgetauscht.

Dieser Prozess läuft bereits seit 10 Jahren an vielen Stellen des Bezirks, so dass sich hier Einzelmaßnahmen nicht herausstellen lassen. Für diesen Winter sind die Maßnahmen abgeschlossen. Der Außenring des Cosimaplatzes wurde fachgerecht zurückgeschnitten, so dass nun eine Verjüngung der Pflanzen einsetzen kann. Spätestens in Herbst wird die Fläche schon wieder gut begrünt aussehen. Sollten Gehölze ausfallen, so werden diese im Herbst nachgepflanzt.

Hat der Spendenaufruf eine Resonanz gehabt?
Der Spendenaufruf hatte kaum Resonanz. Bisher wurden hauptsächlich Kinderspielgeräte und Bäume, sowie in einem Fall die Reinigung von Kinderspielplätzen gespendet. Denkbar wären aber auch Spenden für viele andere Zwecke. Wir bitten Bürger/innen, die spenden möchten, sich vorab mit uns in Verbindung zu setzen, damit wir ein neues Konto einrichten und das Stichwort, unter dem eingezahlt wird, absprechen können.

Wenn sich Bürger bereit erklären, ihre Grünanlagen teilweise selbst zu pflegen - an welche Tätigkeiten haben Sie gedacht?
Im Bereich der Müllentfernung und Regelpflege des Grüns sind alle Arbeiten denkbar, soweit die Bürger sich dazu in der Lage sehen. Hier erfolgen individuelle Absprachen.

Wie verhält es sich mit den notwendigen Geräten (Rechen, Gießkanne, Rasenmäher, Heckenschere), stellt das Bezirksamt diese Geräte bei Bedarf zur Verfügung?
Geräte werden hierzu in der Regel nicht verliehen, da der logistische Aufwand zu groß ist. Aber auch dies hängt vom Einzelfall ab. Motorbetriebene Geräte werden grundsätzlich nicht verliehen.

Im Falle des Cosimaplatzes wurden ganze Hecken entfernt mit der Begründung, die Pflege (2 x im Jahr Beschneidung der Hecke) sei zu aufwändig. Dafür sollen Frühlingsblüher auf die Wiese gepflanzt werden. Meinen Sie damit Krokusse, Tulpen und Narzissen, die nur einmal im Jahr für kurze Zeit von alleine blühen?
Ja. In der Regel kommen Zwiebelpflanzungen beim Bürger sehr gut an.

Werden die Grünanlagen weiterhin regelmäßig gepflegt (gesäubert) oder wird es auch da weitere Einschränkungen geben?
Es wird solange weitere Einschränkungen geben, wie der Bezirk zu weiteren Einsparungen im Grünbereich gezwungen wird. Angesichts der Finanzlage Berlins und des angewendeten Budgetierungssystems wird sich die Schraube weiter nach unten drehen. Die Säuberung des begrünten Straßenlandes (z.B. des Cosimaplatzes) obliegt dabei der BSR.
Ansprechpartner für Bürger, die sich für die Grünanlagen und gewidmeten Straßenflächen engagieren wollen:

Amtsleitung Frau Heinrich,
Tel. (030) 7560-3800,
E-Mail f.heinrich@ba-temp.verwalt-berlin.de

Renate Birkenstock

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April 2007  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis