Café finovo, zur Wiederbelebung
Gerade bin ich wieder unterwegs auf Entdeckungstour im Bezirk. Diesmal auf dem Friedhof. Die Gebrüder Grimm, der
Unternehmer Bolle und andere bekannte Persönlichkeiten aus dem alten Berlin liegen hier. Sie wissen schon: Es ist unser
"Prominentenfriedhof", der alte St.-Matthäus-Kirchhof an der Großgörschenstr. 12-14. Eine Pause wäre nicht schlecht.... Am Eingang entdecke ich ein kleines Café. Ungewöhnlich. Drinnen gibt es ein kleines Stübchen mit
Wandmalereien (worüber haben die Gebrüder Grimm geschrieben? Schneewittchen?). Bezaubernde Blümchen, die
- wie ich auf Nachfrage erfahre - das Werk einer Porzellanmalerin sind.
Kaffee und Kuchen schmecken gut, ich fühle mich wohl. Beim nächsten Mal werde ich mir den Blumenladen daneben genauer ansehen. Oder soll ich "Lädchen" sagen, weil alles so unerwartet niedlich, altmodisch, überhaupt nicht "cool" im Sinne von kühl und großstädtisch, aber so "cool" ist, wie junge Leute es meinen?
Das Café "finovo" existiert seit Ende des letzten Jahres. Was ich ahnte, auch nachdem ich neue Grabstätten sah, deren
Gedenksteine auf die homosexuelle Veranlagung des Verstorbenen hinweisen (vielleicht finden hier die Schöneberger, die rund um die Motzstraße wohnen, ihre letzte Ruhe?), finde ich in der
Tagespresse bestätigt: Der Inhaber ist ein bekanntes Mitglied der
Homosexuellenszene in Berlin. Viele Künstlernamen aus diesem Kreis wie Rosa von Praunheim werden im Tagesspiegelartikel genannt.
Ich belasse es an dieser Stelle bei der Erwähnung, weil das Café im Mittelpunkt steht. Hier kann der Friedhofsbesucher mit seinem Nachbarn kommunizieren, bei Trauerfeiern die abschließende Einkehr stattfinden. Eine
Mitarbeiterin sorgt für das leibliche Wohl der Gäste. Sie können täglich vorbei kommen, aber
- wie das auf Friedhöfen so üblich ist - nur so lange es hell ist.
Marina Naujoks
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Februar 2007 Stadtteilzeitung
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