Serie Ehrenamt
Gesetzliche Betreuer gesucht

In Deutschland benötigen etwa eine Million Menschen einen gesetzlichen Betreuer.
Der Gesetzgeber betont, dass ein Berufsbetreuer nur bestellt werden darf, wenn kein ehrenamtlicher Betreuer vorhanden ist. 70 % aller Betreuungen werden ehrenamtlich wahr-genommen. In Steglitz-Zehlendorf und Schöneberg-Tempelhof sucht der Cura-Betreuungsverein ehrenamtliche Mitarbeiter - auch innerhalb der großen Einwanderergruppen mit entsprechenden Sprachkenntnissen. Cura führt in das Tätigkeitsfeld ein, bietet ständige Weiterbildungsveranstaltungen und die Möglichkeit des regelmäßigen Erfahrungsaustausches.

Evelyne Weber hilft seit über 20 Jahren Menschen, die durch Unfall, Krankheit, Alter, soziale Härten oder Behinderung die Fähigkeit verloren haben, ihr Leben selbst zu organisieren. Als Betreuerin übt sie eines der anspruchsvollsten Ehrenämter mit hoher Verantwortung aus. Bei einem Spaziergang mit ihrem Behindertenbegleithund Paul habe ich mehr über ihre Beweggründe und ihre Arbeit erfahren.

Ein christlicher Hintergrund, eine soziale Begabung, eine sensible Wahrnehmung für Menschen, die Hilfe benötigen sind Eigenschaften, die sie schon früh geprägt haben. Ihre beiden Berufe - zunächst Krankenschwester, dann Lehrerin - hat sie als Berufung angesehen und sich nebenbei in verschiedenen ehrenamtlichen Projekten engagiert.

Nach einem folgenschweren ärztlichen Kunstfehler musste sie zunächst lernen, mit einer Behinderung, sowie Einschränkungen den Schicksalsschlag zu meistern und wieder in die Zukunft zu sehen, um zu leben. In dieser Situation fand sie in einem von ihrer Mutter persönlich zusammengestellten Gedichtband diesen Spruch: "Wenn Du nicht weiter weißt, dann hilf dem ein Ende weiter, der neben Dir sein Päckchen trägt"

Ein Betreuer organisiert die Lebens- und Wohnverhältnisse von Menschen, die dazu nicht selbst in der Lage sind. Er kann zuständig sein für finanzielle Angelegenheiten, Renten- und Pflegekassenanträge, Fragen der Wohnung und des Aufenthalts, für die Sicherstellung der Pflege und ähnliches.

Im Laufe der Zeit hat Evelyne Weber schon mehrere Menschen betreut, z.B. beim Wohnungs- und Heimwechsel, sogar bis zur Gestaltung der Beerdigung. Zurzeit ist sie für zwei alte Damen, die in Heimen leben, zuständig. Frau E. Weber stellt sich vor, ihre Schützlinge könnten doch auch ihre Eltern sein und handelt entsprechend. Sie besucht sie regelmäßig - Labrador Paul ist immer mit von der Partie. Sie besorgt auch Dinge des täglichen Bedarfs, wie Kosmetik, Pflegemittel oder Kleidungsstücke, um ihnen damit eine Freude zu machen und das Leben zu erleichtern. Sie sitzt am Bett, fährt mit dem Rollstuhl und füttert auch, wenn es nötig ist. An Festen und Veranstaltungen in den Heimen nimmt sie mit ihren Schützlingen teil.

Das geht weit über die gestellte Aufgabe hinaus, denn ein Betreuer ist nicht zuständig für die Ausführung von lebenspraktischen Hilfen (z. B. Körperpflege, Haushaltsführung). 

Mit der Verantwortung, die ein solches Amt mit sich bringt, hatte sie nie ein Problem. Durch ihre Berufe war sie es gewohnt, Verantwortung zu tragen und kennt keine Berührungsängste mit hilfsbedürftigen Menschen.

Auf meine Frage, wie sie jemandem Mut machen würde, sich als Betreuer zu engagieren, antwortet sie mir: "Wer eine Betreuung übernimmt, sollte Menschenliebe, Kreativität und Humor mitbringen. Auch Zeit, viel Kampfgeist, sowie Geduld mit Ämtern und Familienangehörigen." Aber wer es wie sie schafft, eine persönliche Beziehung zu seinem Schützling aufzubauen und die Freude spürt, die ihre Besuche machen, bekommt unendlich viel zurück.

Und was wünscht sie sich ganz persönlich für alle ehrenamtlichen Betreuer?
Mehr persönliche Anerkennung, besonders von den amtlichen Stellen. Denn die kleine jährliche Aufwandspauschale, die man nur auf ausdrücklichen Antrag erhält, deckt keinesfalls die Kosten, wenn man seine Aufgabe ernst nimmt.
In einer künftigen Singlegesellschaft werden wir immer öfter darauf angewiesen sein, dass sich fremde Menschen wie liebe Freunde um uns kümmern.

Das Gespräch mit Evelyne Weber führte Renate Birkenstock.

Wenn Ihr Interesse geweckt ist, wenden Sie sich an den 
Cura-Betreuungsverein Steglitz-Zehlendorf, 
Frau Kim Schmidt-Kaul, 
Frau Marianne Lampel, 
Telefon (030) 85 98 66 10, Email: CuraSZ@nachbarschaftsheim-schoeneberg.de

.
Juli/August 2007  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis