Er nennt sich eine Tragikomödie und ist doch nur ein schönes, buntes Märchen, dieser Film aus der Schweiz. Thema: Was kann man im Alter noch mit seinem Leben anfangen? Da ist die 80-jährige Martha, die nach dem Tod ihres Mannes ihren Lebens-mut verloren hat und ihm allen Aufmunterungsversuchen ihrer Freundinnen zum Trotz recht bald nachfolgen will. Was soll man auch in einem kleinen Dorf im Berner Oberland mit sich an-fangen, wenn man aus seinem bisherigen Leben herausgefallen ist? Der Zufall bringt Martha wieder mit dem in Verbindung, was einst ihr Stolz und ihre Hoffnung gewesen ist: mit ihrem erlernten Beruf als Dessous-Näherin (im Film wird der hier eher unbekannte Ausdruck Lingerie verwandt), was nichts mit "Reiz-wäsche" im pornografischen Sin-ne zu tun hat, umso mehr aber mit reizvoller Unterwäsche aus kostbaren Stoffen und Spitzen. Kurz entschlossen deckt sie sich mit einem Vorrat von Seide und Mousseline ein und setzt sich an ihre Nähmaschine; schließlich hat ihr Sohn, der Dorfpfarrer, sie ermutigt, etwas Neues anzufangen, was ihr Spaß mache. Wenn es schon nicht der einst erträumte kleine Laden auf den Champs Elysees ist, so soll es wenigstens hier in Trub noch etwas werden. Und hier fängt es schon an mit den Unglaubwürdigkeiten: wer soll in diesem kleinen Bergdorf so etwas kaufen? Selbst ihre Freundinnen sind entsetzt und halten die Idee für ungehörig, bis auf Lisi, die selbst schwer an einem geplatzten Lebenstraum zu tragen hat und Martha unterstützt. Als sie schließlich stolz ihren Laden eröffnet, schlägt er ein wie eine Bombe und bringt das ganze Dorf durcheinander. Überall hat es so seine Probleme und Zwänge, und es setzen an allen Ecken Enthüllungen und Befreiungsschläge ein. Das ist alles sehr vorhersehbar und mehr oder weniger plakativ in schönster bunter Urlaubslandschaft angesiedelt, aber man freut sich doch, dass am Ende alles gut geht und die "Bösen" eins aufs Dach kriegen. Raum für ein schönes Märchen gibt es eben überall auf der Welt, und wer das mag, sollte den Film ansehen!

Der Film wird getragen von den hervorragenden Darstellerinnen, den großen alten Damen Ste-phanie Glaser als Martha, Heidi Marie Glössner als Lisi und nach langer Zeit wieder einmal Anne-marie Düringer, die früher viel auf Berliner Bühnen zu sehen war, als Freundin Frieda.

Sigrid Wiegand

Bis 4.7. im Cinema am Walther-Schreiber-Platz

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Juli/August 2007  Stadtteilzeitung < Inhaltsverzeichnis