Hatun Özer backt Brötchen in Friedenau
Rubens Back -
Eine Unternehmerinnengeschichte

Der Laden Rubensstr. 37/Ecke Otzenstraße stand eine ganze Weile leer. Dann endlich: Ein Backshop! Die Stillegung der Bäckerei Steinmühle hatte in die Brötchenversorgung der Umgebung ein Loch gerissen, das nur notdürftig vom kleinen Lebensmittelladen etwas weiter die Straße hoch gestopft wurde.

Umfangreicher Ausbau war nötig, alle Ersparnisse wurden zusammengekratzt, ein großer Ofen aufgestellt, und dann konnte es losgehen bei Hatun Özer, 41, die im Oktober 2005 ihren Backshop eröffnete. Hier bietet sie nicht nur Brot und Schrippen an, sondern auch Selbstgebackenes wie Kekse, Kirschecken und - oja! Apfel-Walnuss-Rollen. Ihr Mann schaut gelegentlich aus den hinteren Räumen heraus, ob er ihr zur Hand gehen kann, und lächelt der Kundschaft freundlich zu. Vor dem großen Schaufenster stehen zwei Tischchen, an denen man frühstücken kann. Außerdem gibt es ein paar Grundnahrungsmittel und Getränke. Im Hintergrund summt ein Samowar mit Tee. Nach einem halben Jahr schon war der Rubensback eine feste Adresse für die Nachbarschaft.

Wie kam Frau Özer auf die Idee, sich selbständig zu machen? "Ich habe schon immer gern gebacken", erzählt sie, "und ich habe auch eine Zeitlang in einer Bäckerei mitgearbeitet." Als sie ihrem Mann von ihrer Idee erzählte, sagte der: "Klar, mach das. Ich helfe dir." Seitdem arbeitet Hatun Özer täglich von 5.30 bis 18.30 Uhr in ihrem Backshop.
"Dafür tue ich aber zuhause nichts außer Essen, Trinken und Schlafen", lacht sie. Zur Entspannung arbeitet sie an komplizierten Perlenhäkeleien.

Ihre beiden großen Töchter, 18 und 19 Jahre alt, unterstützen Hatun kräftig, obwohl die eine gerade das Abitur macht und die andere bereits studiert. Der dreizehnjährige Sohn geht noch zum Gymnasium. Auf seine 1 in Deutsch ist Hatun Özer sehr stolz. "Zuhause wird mehr Deutsch als Türkisch gesprochen", erzählt sie.

Hatun Özer selbst hat keine Ausbildung. "Das gab es in unserem Dorf nicht", sagt sie. Die Heimat des Ehepaares war Elzurum in der Osttürkei. Die beiden waren Nachbarn. Man sah sich gelegentlich, und irgendwann hielt Sirin um Hatuns Hand an. "Meine Mutter fragte mich: Willst Du ihn auch wirklich? Und ich sagte ja." Eine gute Wahl, offenbar! Sirin Özer ging nach Deutschland, um im Tiefbau zu arbeiten, und Hatun folgte ihm bald. Mit zwei kleinen Töchtern besuchte sie den Deutschkurs. Eigentlich wollte sie schon längst die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen, aber wie das mit Behördengängen so ist: Man schiebt sie vor sich her. Die älteste Tochter aber ist bereits Deutsche. "Da habe ich auch mehr gedrängelt," lächelt sie.

Eine Unternehmerinnengeschichte, die Frauen Mut macht.

Sanna von Zedlitz

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März 2007  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis