Der Sommer kann kommen
Open Air auf dem Südgelände


Friedrich Barniske, Foto: Thomas Protz

So also macht man's! Kaum hatte Friedrich Barniske 1975 das Schwabenland gegen den Nabel der Welt eingetauscht und seinen Wohnsitz in der Friedenauer Wielandstraße genommen, begann sich sein Schicksal unausweichlich zu erfüllen. Neben dem Studium zum Diplompädagogen widmete er sich bereits der Jugendarbeit bei jenem evangelischen Träger, zu dem er - nach einigen Umwegen unter anderem über die Kaffeerösterei und die Arbeit mit Obdachlosen - inzwischen zurückgekehrt ist. Und zwar stets unter musikalischen Vorzeichen, denn dies ist seine Leidenschaft: Die Musik der Welt Menschen und insbesondere Kindern und Jugendlichen nahezubringen. Er wurde zum Spezialisten für akustische Musik, mit anderen Worten für Musik, die ohne elektrische oder elektronische Hilfsmittel auskommt, Musik, die jeder mit einem Instrument seiner Wahl selbst machen könnte, wenn er denn wollte. Dies zu er-möglichen und dafür Mut zu machen, ist eines von Barniskes Anliegen. Er selbst ist das beste Beispiel, denn er hat nie Unterricht gehabt: Sein Können auf der Gitarre ist ganz autodidaktisch erarbeitet. In Jugendbegegnungsstätten, auf Jugendfreizeiten oder auf dem berlinweiten Festival der jungen Folkszene sorgt er dafür, dass selbstgemachte Musik in der Luft liegt. Durchaus auch ein pädagogisches Anliegen, denn alle Studien beweisen, dass Musizieren friedfertig und klug macht.
Musikvermittlung geht aber auch ganz anders. Als Friedrich Barniske noch solo und "nur" mit Kaffeemahlen beschäftigt war, gönnte er sich stundenlanges Üben. Pure Lust und Selbstdisziplin - "Das eine kommt mit dem anderen", meint Barniske. Wer so fleißig ist, will nicht nur für sich allein spielen, und so gründete sich vor 16 Jahren das Hot String Quintett, das im angelsächsischen Ausland sogar noch bekannter ist als in Berlin. Inzwischen sind einige Musiker der Band so bekannt, dass ihre Engagements bei den "Geschwister Pfister" oder den "17 Hippies" kaum noch Raum für Auftritte des "Hot String Quintet" lassen. Da haben die Schöneberger und insbesondere die Friedenauer es nun besser: Sie bekommen die Band gewissermaßen vor die Haustür geliefert.

Die Entwicklung der Alten Bahnhofshalle von der verkommenen Lagerhalle zum zentralen Aufführungsort in Friedenau konnte Barniske über die Jahre mitverfolgen. Als sich hier eine Jazzreihe etablierte, wollte er nicht zurückstehen und gründete die Agentur "acoustic concerts". "Solche Räumlichkeiten, die genau den Ansprüchen akustischer Musik entsprechen, gibt es in Berlin selten", erzählt Barniske. Er ist mit seiner Band und auch der zweiten, "Wasteland Green", zwar auch regelmäßig in der Apostel-Paulus-Kirche zu hören, doch die Bahnhofshalle hat es ihm sehr angetan. Hierher lockt er Bands aus aller Welt, um ihre Folk- und Weltmusik zu präsentieren. Am liebsten hören die Friedenauer südländische Klänge, hat Barniske festgestellt und dementsprechend ausgewählt.
Acht bis zehn Konzerte im Jahr finden statt, und zwar immer sonntags um 20 Uhr. Das nächste wird wieder spannend: Ofer Golanys, Songwriter in der Tradition von Bob Dylan und Leonard Cohen, Friedensaktivist und Musiker aus Israel, lässt am 13. Mai Klezmer auf Bebop, Hot Jazz und Swing treffen.

Barniskes neuestes Projekt sind Open Air Konzerte im Skulpturengarten des Schöneberger Südgeländes. Hier will er neben Abendkonzerten auch Familienkonzerte einführen. Künftig können also Familien sonntags um 16 Uhr gemeinsam Weltmusik unter freiem Himmel genießen. Es gibt ein Café, und sollte es tatsächlich einmal regnen, steht der alte Lokschuppen als Ausweichquartier bereit.
Und was ist seine nächste Vision? Friedrich Barniske lacht und sagt: "Jetzt, wo die Telefonzelle endlich weg ist: Am Friedenautag ein Konzert und ein Fest für alle auf dem Bahnhofsvorplatz!"
Na, das wird sich doch wohl machen lassen. Wir drücken die Daumen!

Nächste Konzerte: Ofer Golanys "What?!?", So., 13. Mai, 20 Uhr, Alte Bahnhofshalle
Open Air: Mariachi dos Mundos, Fr., 1. Juni, 19.30 Uhr, Skulpturengarten, Südgelände (10 / 7 Euro)
Open Air Familienkonzert: Christian Rau & Fredy Conrad, Lieder für Klein & Groß, 17. Juni, 16 Uhr, Skulpturengarten, Südgelände (6 Euro, Kinder bis 14 Jahre frei)
Vorbestellungen unter Tel. 8560 4818
www.acoustic-concerts.de

Sanna v. Zedlitz

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Mai 2007  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis