Kiezgeschichten
Broadway zum Nulltarif - Frieda Günstig, mal eben in New York

Letzte Woche wieder mal: ohne Stress und Kosten in New York City! Glauben Sie nicht? Auch gut! Dann nehme ich Sie, lieber Leser eben einfach mal mit! Und schon geht's los. Zu Fuß. Auf zu meiner Wolkenschloss-Vergnü-gungsreise, Erlebnisfaktor garantiert! Jetzt gleich!
Ausgangspunkt: Schöneberger Ufer. Die Brücke. Potsdamer Stra-ße. Zeit ca. 18.00 Uhr. Den Au-gen-blick Richtung Potsdamer Platz genießen! Das allein ist schon der Glitzerwahnsinn! Berlin, man muss dich lieben (und großstadtsüchtig sein). Tief durchatmen, das ist jetzt der letzte Frischluftschub hier - direkt aus der Uferböschung, bis sich die glucksenden Schifffahrts-Kanal-geräusche des Landwehrkanals da unten aus der Dunkelheit mit den röhrenden Geräuschen der Blech-büchsen auf Rädern mit Men-scheninhalt (sprich Autos - wohl klar?) oben auf der Potsdamer Straße ablösen.

Jetzt geht's sinnenswachen Bli-ckes Richtung Schöneberg (rechte Straßenseite) direkt zum : BROADWAY (berlinischem, so what!). Nicht weit entfernt funkeln schon die tausend roten Glühbirnchen und Lichter des berühmten Win-tergarten- Varietés: Leuchtende Touristen (?)- Vorfreudegesichter strahlen erwartungsvoll umher. Stimmengewirr in so vielen Spra-chen: wunderbare Menschenme-lodie!
Daneben: Bollywood, live, ein Edelbazaar - ich verfalle in einen Farbenrausch. Weiter. Galerien, Sexshops, persische Gebrauchs-güter, türkische Backstuben, ein Fleisch- und Fischhandel, der orientalische Juwelier, später dann das große Kaufhaus an der Kreu-zung (amerikanisches, klar, schließlich sind wir in Amerika). Weiter. Imbissläden mit lecker Döner-Brutzelzwiebelschwaden, Taigemüsenudeldüfte. Kopftuch-frauen. Schnattertürkisch. Alle Protagonisten. Theater am Fliess-band. Obst und - Gemüsehändler locker bis zum Straßenrand ausgebreitet. Familienmitglieder und Freunde wohl sämtlichst eingespannt, jeder nach seinen Fähig-keiten mit sichtlicher Freude integriert. Ich fühle Nähe. Nirgends Fremde. Albernde Jugendliche. Bildschöne Mädchen mit eiligen Müttern. Plärrende Kinder……..Ja doch! Die Strasse ist nicht unbedingt als sauber oder gar gepflegt zu bezeichnen. (Der echte Broad-way auch nicht, also bitte ein paar Großstadtabstriche machen).

Weiter. Vorbei an der Warte-schlange vor dem hell erleuchteten Eingang Nummer 152. Hier duften proper besportkleidete junge Männer die Strasse entlang (hübscher Anblick). Hier gibt's Boxtraining gratis für Ehrgeizige- und das strahlen sie aus. Am Pallasseum wird's nochmal laut- und bunt. Ich fühle mich - weitereilend - irgendwie geborgen. Men-schen, leise und laute. Zum Pal-laseckcafé gehen die Buntmen-schen mit oder ohne Kinder bas-teln oder auch nur reden. Bis zum Kleistpark wird's noch mal ein bisschen gruseldunkel, doch danach geht's wieder richtig newyorkig zu: der arabische Gewürzladen, der Trödler, Galerien, ein paar Boutiquen und einsehbare kleine Weinlokale wie Riesenterrarien anmutend. Dann ein Öz Gida Su-permarkt, in dem man immer erntefrischen Koriander findet und vorn am Stehtisch beim 50 cent- Pausenkaffee die moslemische Zeitung in Deutsch lesen kann. Weiter knäulen sich die Menschen jetzt bis zur Akazienstrasse, wo sich selbige im Reißverschlussver-fahren entknoten. Zu Ende ist die Broadwaytour vorbei am Polizeire-vier an der dauergeöffneten Knei-pe namens Geisterbahn (Nomen est Omen!?) in der Haupt/Ecke Dominikusstrasse. Unsere Stadt hat eben viele Facetten. Die nahegelegene Bushaltestelle ist sicher mit Securitglas ausgestattet!?
Wie jetzt? " Am Broadway gibt's aber mehr Glamour? " Ist ja gut! Ich hoffe, die Gratisreise hat trotzdem Spaß gemacht? Dann bis zum nächsten Mal.

"Welcome home"
wünscht Ihnen Ihre
Elfie Hartmann

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Mai 2007  StadtteilzeitungInhaltsverzeichnis